Die Generation der dritten Zähne

 

Die Generation der dritten Zähne.

In der ersten Phase meiner Witwenzeit, war ich voll damit beschäftigt alltagstauglich zu werden. Ich hatte mit meinem Mann eine Vereinbarung von Trennung der Talente. Herr Difi kochte gerne  und ich durfte die Spülmaschine füllen. Meine Person  konnte sich kreativ in Haus und Gartengestaltung einbringen und Herr Difi musste die Bäume anschleppen und die Finanzen dafür regeln. Das hört sich doch  sinnvoll an...klappt auch...aber nur zu zweit. Denn als die eine Säule wegbrach, konnte ich  weder den Küchenherd in Gang bringen, noch eine Überweisung machen. Bäume schleppen erst recht nicht. Kein Scherz. Ich  stand am Herd und das Gas ging aus. Ich habe nie im  Leben eine Gasflasche angeschlossen, geschweige transportiert oder in eine volle eingetauscht. Wie auch, das Fläschchen wiegt auch  leer viele Kilos. Einfach dem Ding einen Schubs geben damit es die Treppen runter donnert? Auch dann ist das Gasmonster noch nicht im Kofferraum. OK, habe mich  auf Elektro umgestellt. Freunde  haben mir geholfen auf eigene Beine zu stehen. Meine beste Freundin machte das einzig Richtige. Sie lobte mich wenn ich wieder was alleine  geschafft hatte. Sie sagte, sie  sei stolz auf mich. Das motivierte. Sie sagte mir jeden Zahlungstermin durch und wie ich über das Internet die Kosten erfahren konnte. In Uruguay bezahlt man in bestimmten Monaten Kraftfahrzeugsteuer oder Schulsteuern oder.....Diese Zeit des Umdenkens, war für mich eine schwierige Erfahrung. Ich hatte Glück. Da waren  Menschen auf die ich  mich verlassen konnte. Danke an dieser Stelle. Aus tiefster Seele...danke.  

Die zweite Phase bestand darin, sich wohl zu fühlen im neuen Leben. Nicht einfach, wenn man ein  viertel Jahrhundert immer zu zweit alles entschieden hat. Nur ein paar Tage waren wir in den Jahren getrennt.  Wurde dauernd gefragt ob ich wieder nach  Deutschland wollte. Was sollte ich da und wohin mit 14 Tiere im Gepäck? Nein, Uruguay hat eine besondere Qualität. Lebensqualität! Allein schon das Klima. Aber ich fing an was zu unternehmen. Arbeitete am Haus, machte die Kreuzfahrt, die ich noch mit Herrn Difi geplant hatte, besuchte Freunde oder ging Essen, feierten zusammen...das Leben wurde wieder bunt.  Mein Lieblingssohn  fragte mich ob ich nicht wieder einen neuen  Partner haben wollte. Musste lachen. Dachte an einige alten  Männer auf dem Kreuzfahrtschiff die beim  Essen Probleme mit den dritten Zähnen hatten. Einer konnte sich manchmal  nicht  entscheiden ob er schlucken sollte oder besser nicht. Da kamen  schon  einige Gesichter am Tisch ins rudern. Wo schaut man hin? Die Spannung stieg. Während man selber vorgab sich  voll und ganz auf das eigene Essen zu konzentrieren,  gab es den hastigen  Wettbewerb einer schnellen Entscheidung.... die Servierte zum Auffangen der Beißerchen benutzen oder mit der anderen Hand einfach zurückschieben oder gleich  unter dem  Tisch wegtauchen.  Nein, ich hatte keinen Bock, da man auch in meinem Alter eher die Generation der Machos findet. Die meisten sind noch als Krönung der Schöpfung erzogen worden. Die suchen eher eine Hausangestellte mit persönlichen, kostenlosen 24 Stundendienst.

Nachdem ich wusste wie man den Alltag auch alleine meistert, kamen auch die  Vorteile eines Singles zum Vorschein. Ich war mein  eigener Herr. Konnte aufstehen  wann ich  wollte,  Essen was ich  wollte, Schuhgeschäfte abklappern...stundenlang. Im Bett lesen und gleichzeitig Musik in voller Lautstärke hören. Ein  Kinofilm  um Mitternacht im Schlafzimmer? Warum nicht? Es gab eine Phase wo ich rundum glücklich war. Die Trauer verblaste allmählig, man war in der Gegenwart wieder angekommen und hatte viel Abwechslung. Bis zu dem Tag wo die Pandemie ausgerufen wurde. Da senkte sich ein neuer Vorhang von Einsamkeit über mein Leben.

Da gab es auf einmal eine Isolierung unbekannter Art. Gespräche nur auf Distanz, Berührungen wurden  eingefroren. Konnte ich noch  meine Tiere in die Arme schließen,  gab es keinen Menschen in meinem Haus den ich umarmen oder fragen konnte...was machen WIR jetzt? Meine  Freunde, Familie, Bekannten hatten alle  ihre Ängste vor dem Unbekannten. Aber die meisten  hatten gemeinsame Kontakte innerhalb einer Wohngemeinschaft . Meine Putzfrau zog zu Anfang sogar die Schuhe aus und hatte Maulkorb um und Handschuhe an. Die Gärtner hielten 2 Meter Distanz und ich legte das Geld auf einen Sessel. Da ich im  Rentenalter war, war man  besonders vorsichtig und behandelte mich  wie eine Aussätzige. 

Ich  baute mir ein Gewächshaus und versuchte so autonom wie möglich zu werden. Kaufte Vorräte, verfolgte Nachrichten und überlegte was man in meinen Garten noch anbauen konnte. Welche Alternativen  hat  man  für die Tiere wenn es vielleicht  kein Trockenfutter mehr gibt. Also bunkerte ich erst einmal tütenweise das Fabrik-Futter. Es gaukelte mir eine Sicherheit vor. Der Fernseher wurde zur Dauerberieselung. War sicher noch nie so gut informiert was auf der Welt geschah, wie in den ersten Monaten der Pandemie. Doch langsam gewöhnte man sich an die neue Realität. Selbst der Gedanke das man damit  leben muss, war kein Schreckgespenst mehr. Aber mir wurde auch was anderes klar...Single zu sein ist wohl doch nicht der Hit des Lebens. Aber was macht man mit 72 Jahren? Ich fühlte mich auf einmal uralt und sah wieder die Riege der Männer, die etwa in meinem Alter waren. Es gab so Single-Treffs auf dem Schiff. War schon die Härte. Einer strahlte mich an und meinte er könnte sich Kreuzfahrten leisten. Bevor ich antworten konnte, dass ich meine Reise nicht im Lotto gewonnen hätte, setzte er nach: " Aber zu zweit mit einer Kabine ist es billiger!" Suppi..., wie war ihr Name? Oder wie fängt man ein Gespräch an? OK, war nach  10 Minuten wieder  auf dem Deck. Abends war Tanzen für Singles angesagt. Wie gehabt tanzten alleinstehende Frauen ohne Scheu miteinander aber niemals Männer. Die meisten hingen übergewichtig am Biertropf und warteten auf ein  Wunder. Dann die  agilen Solo-Männer. Die strotzten vor Aktivität und ließen  keinen Tanz aus. Waren ewig fit und strahlten mit den dritten Beißerchen in die Runde. Da saßen Männer alleine an kleinen Tischen und starten in ein Getränkeglas  oder  als geifernde Gruppe auf einer langen Bank und kommentierten alles. Die Frauen saßen in  kleinen Gruppen zusammen, tuschelten oder lachten. Ich saß ebenfalls alleine und starrte in ein Cocktailglas. Bei der ersten Aufforderung hatte ich einen hopsenden Fleischkloß vor mir. Lustig sein auf Teufel komm raus und schrie mich an , woher ich käme? Oder die Nummer, einen  fest an sich zu drücken, egal wie man schwitzte. OK, diese Erfahrungen brachten mir gleich 2 weitere Jahre des Desinteresses an das andere Geschlecht ein. 

Ein gutgemeinter  Hinweis, das es Portale für Partnerschafts-Vermittlung im Internet gäbe, die auf höheren Niveau laufen, machte mich neugierig.  Da das Ganze sehr  anonym sein sollte, wollte ich es mir doch wenigstens mal anschauen. Schon alleine  um mitreden zu können. Ich langweilte mich wegen der Pandemie dermaßen, dass ich fast jede Idee aufgegriffen hätte, die mich auf andere Gedanken gebracht hätten. Und siehe da....es wurde wieder spannend. Ein langer Frage Katalog musste ausgefüllt werden. Von Alter über Ausbildung, Beruf, Hobbys.... bis hin was der Partner an Jahresverdienst haben muss. Ich befand mich in einem Uruguayer Umfeld. Hätte auch  deutsches wählen  können, aber ich entschied mich für einen neuen Weg der Integration. Die Fotos hatten einige Vorrausetzungen zu erfüllen. Das ganze Gesicht, wie beide Augen  mussten  zu sehen sein. Fünf konnte man hochladen.  Eines wurde von mir abgelehnt, weil mein Kopf nicht komplett zu sehen  war. Schade, es war ein Foto mit meinen Haustieren. Denn ohne denen würde gar nichts laufen.

Ein ausgeklügeltes Computerprogramm zeigte im  Wechsel immer Fotos von Männern um die 40ig. Damit wollte man  wohl eine breite Zielgruppe erreichen. Für eine über 70ig Jährige läuft das schon  auf: Oma sucht Enkel hinaus. Alle mit einem scharmanten Lächeln und Texte wie: " Difi, sei gespannt wer sich deine Bilder angeschaut hat." oder  "Willst du nicht wissen  wer dir  geschrieben hat?" Na klar wollte ich das, sonst hätte ich  ja nicht ein Abo bezahlt. Gleich beim ersten, der sich mein  Profil angeschaut hatte, stellte sich mit 4 Fotos aber einem Motiv vor. Also 4 x das selbe Foto. OK, kann ja  passieren. Der hing auf einen Motorrad im  schwarzen Leder. Um das Gesicht zu erkennen hätte man eine Lupe benutzen müssen.   Der Zweite irritierte mich echt. Zwar drei verschiedene Fotos aber immer im verschwitzten Unterhemd und strahlte Landleben pur aus. Massiver Körper mit massiven Schädel. Es war eine Menge an Männern die man sich ansehen konnte. Die Steckbriefe waren zum  Teil  gar nicht  zu ende geführt und andere sehr ausführlich. Also begann ich  auszusortieren. Fotos mit verschwitztem Unterhemd oder Bademantel im Sessel umrahmt von Medikamenten, bis hin zum nackten Oberkörper im Auto, flogen als erstes.  Steckbriefe mit Eigenschafften die mir nicht gefielen. Wie..... nur einheimische Kost, nie aus dem  geliebten Land gewesen, keine Hobbys und am liebsten in den eigenen vier Wänden bleiben u.s.w.  Ich suchte mir die Kreativen  aus.  Schriftsteller, Maler, Musiker, Bildhauer. Dachte das könnte eine Interessengemeinschaft geben. Und meine erste Wahl traf einen  älteren Schriftsteller. Meine Altersgrenze war von  60-100. Sein einziges Foto gab einen  gutaussehenden schlanken Mann am Schreibtisch ab.78 Jahre aber interessant.

Es gab eine Anfrage und zwei Tage später verabredete man sich in einer Strandbar . Es wurde mir der Rat gegeben ein Restaurant oder andere neutrale Orte beim  ersten Treffen zu wählen. Man  weiß ja nie, was auf einem zukommt. Schon  von weitem sah ich den großen Mann vor der Bar stehen und auch das er ein Jugendfoto rein gestellt hat. Der Mann war mindestens 79  gefühlte 88Jahre alt. Seine schlurfenden Schritte zum Tisch machten es nicht besser. Die Bestellung war sehr umständlich und reduzierte sich auf ein Diäthäppchen, da man schon gegessen hätte. Wir  versuchten von uns was zu erzählen aber er winkte oft mitten im  Satz ab, mit der Bemerkung...da kann man eh nichts machen. Irgendwann hatte ich die Nase voll und fragte warum kann man nichts machen?  Antwort: Das bestimmen eh die da oben!...... Was? Wer da oben?.....Na die USA!.....Muss zugeben, ich war sprachlos. Das soll was heißen. Er nagte an einem Salatblatt rum und ich kippte mir den Rotwein hastig runter. Ich hatte nur noch einen Gedanken.... wie kommt man elegant aus dieser Nummer wieder raus? Er machte es mir einfach indem er versuchte mir zu verklickern, das die Erde eine Scheibe sei.  Er hatte Glück, dass ich den Rotwein runter geschluckt hatte, denn ich prustete los und verabschiedete mich lachend. Die Leute an den  Nachbartischen unterbrachen abrupt ihre Gespräche und starrten unisono erwartungsvoll in  unsere Richtung. Difi, kreischend auf der Flucht! Noch im Auto lachte ich. Sah ihn am Tisch mit seinem Glas Wasser und der Rechnung. Musste rechts ranfahren weil ich nun Tränen lachte. Die Zeche hatte ich total vergessen. 

Ein anderes Gefühl beschlich mich. Es war ein kleines Abenteuer, wo man einfach  aussteigen konnte. Also..... der nächste war Kunst-Maler 66 Jahre und lebte in Parque del Plata. Also nur  Minuten von  mir entfernt. Man  verabredete sich beim Spielkasino Atlantida. Da hätte er was zu tun. Prima, da konnte ich  zu Fuß hingehen. Mein  Kleiderschrank wurde durchwühlt, bis ich das Passende gefunden hatte. Da es Winter war, wurde im Casino nur renoviert. Grinste in  mich rein. Vielleicht hatte ich  ja  Kunstmaler mit Anstrichkünstler verwechselt.  Vor dem offenen Gebäude saß eine Polizistin und die fragte ich ob man rein könnte, ich wäre verabredet.  Die sagte ...da ist keiner.  Ich hatte natürlich nur den  Vornamen und bat darum mal zu fragen. "Kenne ich nicht". "Also...ich bin  mit Paolo hier um diese Zeit verabredet. Vielleicht  gibt es eine Nachricht?!" Die Dame in Blau schnaufte und sagte das sie da säße, weil eben keiner da ist. Gab es auf. Am PC gab es dann die Info das er nicht konnte..ok..nun wollte ich nicht mehr.

Dann gab es jemand, wo mir ein Foto sehr gut gefiel.  Aber schon 77 Jahre. Hatte  noch  meine Erdscheibe nicht verdaut und sah auf einmal ganz unten am Rand ein Datum.14,7. 2011. Aussortiert!

Dafür gab es einen munteren 69iger, der sehr viel  Humor versprühte. OK..ein Versuch wert. So langsam betrachtete ich es als neues Hobby. Es war ein  lustiger Abend bei Don Vito. Da wurden gleich zwei Flaschen von  Rotwein inhaliert. Falls man noch was vorgehabt hätte, wäre im  Alkohol ersoffen. Die kurze Heimfahrt in seinem Auto war Abenteuer genug. Am nächsten Tag die Nachricht...Schade das du  nicht 10 Jahre jünger bist........ Das baut auf! Also suchte er mindestens eine 59 jährige, nach unten keine Grenzen und  ich müsste mich um die ab 82iger kümmern? 

Spaßeshalber rief ich alle ab 80 auf. Erstaunlich wie viele dabei waren. Der älteste 92.Einer hatte ein Buch über Hegel in den Armen, ein anderer saß auf einem Pferd...aber meistens saßen sie im Sessel mit Vitrine oder Kamin im Hintergrund. Einer fiel mir auf, weil das Foto in einem Restaurant aufgenommen wurde, das genau so gut in München hätte sein  können. Tierarzt. OK, warum nicht und machte eine Anfrage. Bezog mich  auf das Restaurant.  Dann sah ich noch einen Anwärter, allerdings wieder 77 Jahre alt, der vor einer herrlichen Landschaft Uruguay stand. Dann gab es noch ein Foto auf einem Boot mit Blick ins Irgendwo, Es gefiel mir. Auch da machte ich ein "Hallo".

Nun bekam Ich erst einmal ein  Hallo von Unbekannt. Kein Vorname, 45 Jahre, Wuschelkopp und strahlende Augen. So langsam klickerte es bei mir was das "Hallo" bedeutete. Denn einer  hatte seine Telefonnummer groß an einem Fenster stehen und signalisierte ein Hallo. Sex?

Die Bestätigung bekam  ich schnell. Der Tierarzt eröffnete die  Kommunikation mit " So fange ich nie ein Gespräch an!" Auf meine direkte Frage ob er nur  Sex sucht, betätigte er das es besser wäre mit vielen Frauen sich zu amüsieren als sich mit einer zu langweilen. Cool. Erweiterte mein Profil, dass ich einen Lebens Partner suche keine Eintagsfliege.

Da gab es die  Anfrage von einem Traumatologen der sich im Rentenschock befand.  Die letzten 10 Jahre hat er zu jeder Tages und  Nachtzeit bei Notfällen  den Sekundenabgang gemacht. Wenn irgendwas piepste, sprang er schon aus dem Bett oder gleich in die  Hosen. War seit vielen  Jahren geschieden. Konnte ich  nachvollziehen. Mehr  durch Zufall, platzten drei Termine. Sollte so sein.

Täglich war meine E-Mail voller Nachrichten. Verblüffend, wenn man bedenkt wie wenig Einwohner Uruguay hat. Fast alle im Umkreis von 50 km, plus der gesamten Küste. Dann fiel mir auf wie man sich unterschiedlich präsentiert. Fotos, wenn überhaupt, dann wurde eins aus der Mottenkiste gezogen oder schnell ein Selfie gemacht. Zum Teil von der Nase abwärts. Mir wurde ein Foto nicht genehmigt weil man nicht beide Augen sah.  Schätze, dass man bei einer Eingabe von einem einzigen Foto alles nimmt, weil es erst mit Foto kostenpflichtig wird. Somit ist es dann möglich mit nacktem Oberkörper im Auto oder Unterhemd auf dem Land oder Bademantel im Ohrensessel mit einer griffbereiten Apotheke hoch zu laden. Nur....meldet sich da überhaupt jemand? Dann gab es die verschwommenen Fotos. Das kann man wohl auch wählen. Aber das gab es nur für Männer oder man  muss anfragen. Denn da wurde unter dem Nebel-Foto geschrieben , das man auf Anfrage die Bilder öffnen kann...... wenn die Person zustimmt. Spannend. Dabei waren einige bekannte Gesichter zu sehen, Politiker zum Beispiel. Einer war sogar gleich zweimal vertreten. Also gibt es auch die Möglichkeit Inkognito sich vorzustellen. Der Frage-Katalog stellte ein Profil dar. Das wurde dann vom  Computer ausgewertet und ein Interessengemeinschaftsbild in einer Grafik gestellt. Da gab es die Bewertung von  0 bis 100% an Gemeinsamkeiten. Nicht schlecht...obwohl ich es nicht wirklich betätigen kann, da ja jeder was reinstellt wie er sich sieht. Fakten, wie Alter, Beruf, sind zuverlässig aber persönliche Angaben wie Temperament, Vorlieben, Geschmack.... sind nun doch subjektiv. Einer teilte mit, dass er nur üppige Figuren will....cool! Trotzdem schielte ich immer wieder dort hin, wenn ein neues Gesicht auftauchte.  Interessant war für mich, wie viele "Rentner" auf der Suche waren. Meine anfängliche Befürchtung, mit 72 kaum Anfragen zu bekommen, war total falsch. Nicht nur von Rentnern. Der Erste der mich als Favorit aufrief, war nicht mal 60 und arbeitete in einer Bank. So wurde für mich das Leben wieder voller Überraschungen.  

Der nächste war echt ein Hammer. Kam mit einer Limousine und Chauffeur an. Kunstsammler, Dichter und Theaterliebhaber. Er überhäufte mich  mit Geschenken. 63 Jahre und schwebte auf einer Kunstwolke. Musste eines seiner Gedichte vorlesen. Cool...in einer fremden Sprache und dann ohne vorher es durchlesen zu können. Ich versuchte es und bemerkte wie er mitsprach. Fühlte mich nicht gerade gut. Es ging, obwohl ich einiges nicht verstand. Fand sogar den Rhythmus. Er war begeistert. Nicht weil ich den  Mut hatte es zu probieren, sondern weil er sein Gedicht so gut fand. Fühlte mich noch unwohler. Dann signierte er ein Buch von einem Theaterstück und präsentierte es mir. Weder hatte er was mit dem Stück zu tun noch mit Theater oder Buch. Er fand die Arbeit nur brillant. Mir wurde es langsam schlecht. Ich versuchte ihm zu verklickern, das ich bodenständiger wäre. Das störte ihn gar nicht. Aber mich, langsam bekam ich das Kotzen. Er deklarierte unbeirrt weiter. Ich ging zu seinem Chauffour und bat ihn das Kunstwunder wieder nach Haue zu bringen. Er grinste nur,  Noch  Wochen hat die Wundertüte mir alles angeboten um mir eine Freude zu machen. Unter anderem eine europäische Städtereise mit meinen Tieren. Das war dann der Punkt die Verbindung zu löschen.

Dann sah ich zwei Nebelfotos. Auf dem  einen hatte man die Ahnung das man ein Glas Sekt in der Hand hielt. Das Profil gefiel mir , da es gutes Essen hervor hob und allgemeine Aktivitäten in der Natur. Aber um ehrlich zu sein, wollte ich wissen  was  hinter solch einer Anonymität steckt. 67 Jahre, katholisch, hohe Schulausbildung, Beruf ebenfalls im Nebel. Konnte auch Rentner sein. Ich fragte was das mit den Fotos zu bedeuteten hätte  und er meinte man sollte das Original kennen lernen. Na gut! Es kam ein BMW SUV. Großes Auto. Die Scheibe gleitete elegant runter und ich sah ein unbekanntes Durchschnittgesicht. Wie lächelten uns wie blöde an und wussten nicht so recht was man  sagen sollte. Tolles Auto wäre nicht so der Hit gewesen. Irgendwie fiel Hi, wie geht's? Gut! Freut mich. War ein  spannender Anfang. 

Wir aßen  zusammen was und versuchten etwas über uns auszusagen. Bei Anonymous perlten tropfenweise Buchstaben zu Sätzen. Fragte mich ob er immer so langweilig ist.  Anonymous grinste bei der Frage was das mit den  Fotos für eine Nummer wäre. Müsste ja nicht jeder wissen, was er so privat treibt. Warum er dann nicht einen VW Käfer fahren würde? Zum ersten mal unterbrach er das Knabbern an seinem Toast und schaute mich voll an. Er versuchte zu erklären, dass er beruflich mit vielen Leuten zu tun hätte. Er trennt gerne Beruf und Privat. A... Ja! ..... Musste an den Tierarzt denken. Super Beispiel von  Langeweile zu zweit. Nach einer Pause des Schweigens wurde ich angerufen weil es ein  Problem mit einer Katze gab. Ich küsste in  Gedanken die Katze. Anonymous fuhr mich nach Hause und ich wünschte ihm viel Glück. Die Katze hatte mal kurz einen Satz in polierte Gläser gemacht. Meine Haushaltshilfe war vollkommen aufgelöst.  Ich erlöst. Aber küsste nicht mehr in  Gedanken die Katze.

Der nächste Kandidat holte mich von zu Hause ab. Chili sprang an das geöffnete Wagen-Fenster und er schrie fast ich sollte den Hund wegnehmen. Danach kontrollierte er den Lack ob er Kratzer abbekommen hat, Ich entschuldigte mich und brachte die Hunde in den Garten. Ein schneeweißer Riesenschlitten mit Riesengrill. Der Mann machte lediglich die Beifahrertür auf und schaute mich dann an. Er hatte ein Nobelrestaurant ausgesucht, wo wir was essen  wollten.  Er nahm nur einen Salat, da er noch  ein Geschäftsessen hätte. 69 Jahre, schlank nicht besonders sportlich, Mit keinem Wort was er macht, nur das er in Montevideo am Hafen  Buceo wohnt. Das ist allerdings eine Topadresse, Kein Angeber Typ aber alles hatte Stil und Klasse. Trotzdem störte mich der erste Eindruck. Sah nicht nach Hundefreund aus. 

Am nächsten Tag rief er mich an, ob ich nicht nach Montevideo kommen wollte. Ich war in dem Moment in Montevideo im Krankenhaus um eine Kontrolluntersuchung zu machen. Er wäre auch schon  am Morgen im Krankenhaus gewesen, wegen einer allergischen Reaktion.  Wenn ich  Lust hätte könnte ich bei ihm vorbeikommen. Ich hatte Lust. Direkt am Hafen, kam mir aus dem Hochhaus entgegen und wir fuhren mit dem Aufzug in die oberste Etage. Aber Hallo! Penthouse. War beeindruckend. Panoramablick auf die Privatschiffe. Riesen Terrasse. Er bat mich in die Küche wo er gerade seine Wochenration fertig machen würde. Muss blöd geschaut haben. Ja er lebt nach Plan und mixte Gemüse zu einem Brei ohne Salz, Pfeffer oder Zucker. Naturale Pampe in Farbe von Kuhfladen. Er füllte einen Behälter, verschloss ihn und stelle ihn zu anderen Behältern. Ob ich es probieren wollte, er hätte seine Ration heute noch nicht gegessen. Wie wäre es mit was zu trinken? Er riss den Kühlschrank auf und außer der Pampe war nur eine riesige Flasche Wasser vorhanden. Wofür brauchte er solch eine große Kiste, ein Mini Kühlschrank hätte gereicht. Ob er Wein hätte. Sicher! Kramte über dem Kühlschrank rum und tatsächlich kam ein Flasche zu Tage. Ok ..nun saßen wir in der überschaubaren Küche eines Luxus Appartements und ich  wusste nicht was ich von dem absolut geschmacklosen Brei halten  sollte, Er erklärte was für Vitamine drin wären und den Stoffwechsel anregen würde. Der Wein  war sauer. Höchstens als Essig zu gebrauchen. Der regte garantiert bald meinen Stoffwechsel an. Bat um Wasser. Er würde jeden Tag seine  2 Liter trinken. Natürlich keinen Alkohol. Traumhaft!....auf sowas habe ich  mein Leben lang gewartet. Dann der Clou. Er war am  Morgen wegen einer allergischen Reaktion ins Krankenhaus gefahren. An seinem linken Ärmel hat er Hundehaare entdeckt, CHILI! Man hat ihm eine Spritze gegeben. Aber man könnte was dagegen nehmen. Ich hatte es auf einmal echt eilig und entwarf noch auf der Heimfahrt nette Abschiedsworte. Ohne meine Tiere geht gar nichts.

                                                   

Der 77ig jähriger meldete sich. Der mit dem sehnsuchtsvollen Blick ins Nirgendwo. Er plauderte das er Apotheker war und in Punta del Este lebt, Witwer ist und gerne malt. WOW, hörte sich das normal an. Sagte das ich auch Witwe wäre und auch male. Man einigte sich auf ein Treffen.

Traf mich aber erst mit  Freunden und musste wenigstens denen erzählen, was ich seit Monaten treibe. Sie lachten und sagten mir, das sie sich auch durch einen Mausklick  kennen gelernt haben. Wie????Was???Nun hatten wir Gesprächsstoff ohne Ende. War ein lustiger Nachmittag. Kündigte aber an, das ich mein  halbes Jahr nicht verlängern werde. Zumindest brauchte ich eine Pause. Würde mich  noch  mit einem  treffen aber das wärs. Der eigentliche Grund des Treffens meiner Freunde ging fast unter. Ob ich jemanden für drei Tage aufnehmen könnte. Bis zu seinen Abflug. Kein Thema. Gerne.

Kaum waren sie weg, fiel mir ein, dass ich ja ein Treffen mit dem Nirgendwoblick hatte, Versuche es ihm zu erklären und ob er was dagegen hätte sich bei mir zu treffen und von da aus was zu unternehmen. Kein Problem, prima, sieht man wie man lebt. Er käme mit dem Bus. Ups, keine Autoshow.

Am Abend sah ich auf der Plattform ein Neues Gesicht. Groß, schlank aber nur von hinten. Elegant auf einem Barhocker vor einem aktiven Grill. Geile Jeans. Nächste Foto dann von  vorne. WOW...68 und top fit. Er war noch online und somit sprach ich ihn per PC an. Coole Nummer mit deiner Präsentation. Wir kommunizierten und irgendwann sagte ich ihm das ich Deutsche wäre. Spontane Antwort: " Deutsche?....die sind kalt im Bett!" Ach...." Woher weißt du das?" "Das weiß jeder. Kann man vergessen.!" "Hattest du schon mal was mit einer Deutschen?" "Nein, will ich auch nicht!" Gespräch beendet!  Ich nahm mir fest vor mein Experiment über Internet einen Partner zu finden aufzugeben. Wieder nur ein Hallo Typ und nicht gerade die hellste Torte. Aber da war ja noch der Nirgendwoblick. Um ehrlich zu sein, hatte ich gar keine Lust mehr. Suchte keinen Witwentröster. Die Luft war raus.

                                                         

Der Bekannte meiner Freunde entpuppte sich  als sehr  angenehm und liebenswürdig. Ich sagte ihm, das ich jemanden vom Bus abhole ohne weitere Erklärungen. An dem Punkt  der Verabredung angekommen,  wurde ich etwas nervös. Viele Busse hielten aus der Richtung Punta del Este auf der gegenüberliegenden Haltestelle der Schnellstraße Interbalnearia. Es war  Nachmittag und viel Betrieb. Ich  stand auf der anderen Haltestelle. War nicht gerade die brillanteste Idee, bei einem ersten Treffen. Ich stand in einer Gruppe von Menschen. OK, Männer und Kinder konnte der Naturbursche ausschließen aber da waren noch einige Frauen um mich herum. Ich war viel zu sehr konzentriert, was auf der anderen Seite passierte um es zu kapieren. Hätte ja ein paar Schritte bei Seite gehen können. Manche Autos und besonders Motorräder rasten an einen vorbei. Diese vierspurige Straße zu überqueren, grenzte schon an ein Abenteuer. Das machten aber viele, denn der Weg über der Brücke war ein großer Umweg.  Dann hielt ein Luxusbus an und es stieg nur einer aus. Das sind die man reserviert und wo eine Begleitperson raus springt um beim Aussteigen zu helfen. Er musste es sein. Auf dieser Entfernung konnte ich nichts erkennen was mit den Fotos gemeinsam gehabt hätte. Hätten doch noch was ausmachen sollen, weiße Jacke oder Rucksack.....aber wir hatten die gleiche Körpersprache. Die von Suchenden. Er klebte auf dem Mittelstreifen, weil ganz Montevideo in diesem Moment nach Punta del Este wollte.  Später sagte er mir, das er sich gewünscht hat, hoffentlich ist das die weiße Jacke. Mein  Gesicht konnte er ebenfalls nicht sehen. Die anderen steckten aber in dicken, dunklen Wattemänteln, mit einer Körperhaltung die eher Müdigkeit oder Langeweile ausdrückten. Es war Winter! Bei 16° plus, beginnt der Uruguayer im  Kollektiv an zu frieren. Dicke Wollschals und Mützen gehören zum absoluten Muss! Natürlich war er es. Die Begrüßung war herzlich und wären beinahe noch von einem Auto  hinter uns überfahren worden. Denn zwischen der Haltestelle und einem Supermarkt ist eine Auffahrt der Schnellstraße. Er nahm schnell meine Hand und ließ sie nicht mehr los. Auf den 300m Weg zu mir nach Hause sprachen wir zwar aber keiner nahm es richtig wahr was eigentlich. Die Hände schwitzten aber keiner ließ los. Mir fiel ein, dass ich das immer toll fand wie Paare in Uruguay Händchen haltend sparzieren gehen, egal welches Alter. Der Zauber war vor meinem Haus-Tor vorbei. Die Hunde bellten wie irre und holten einen wieder in die Realität. 

                                                            

Drei Hunde sprangen ihn  an und er lachte. Er hätte selber zwei Hunde. Dann rief er:" Da ist eine Katze!"  "Eine? Ahhh jaaaa!" Von den anderen neun sagte ich besser nichts. Er war eh mehr interessiert, wie ich lebte und entdeckte meinen Besucher im Garten. Stellte die Männer einander vor. Hugo, das ist Patrick.. Patrick, das ist Hugo. Organisierte Getränke und was zum Knabbern und man saß zu dritt am Tisch im Grünen. Hätte fast laut los gelacht. Regel Nummer 1. niemals einen Fremden ins eigene Haus einladen,  Nun saß ich gleich  mit zwei fremden Männern in meinem Garten. Hugo rief schon wieder: "Noch eine Katze!"  Bevor Patrick darauf eingehen konnte, fragte ich  wie  die Busfahrt war!. Denn hinter ihm tauchten gleich 4 weitere Katzen  auf. Das Gespräch kam stockend in Fluss aber es ging besser als gedacht. Ich erfuhr einiges über diese Männer, da beide  sehr viel von sich erzählten. Hugo schaute mich immer wieder an. Patrick kam auf die Idee essen zu gehen. Hugo war sofort einverstanden. Wir gingen zu Fuß  am Fluss entlang. Wieder spürte ich die Blicke von Hugo. Einmal nahm er kurz meine Hand. Nach dem Essen nahmen wir noch einen Drink bei mir und Hugo verabschiedete sich. Wünschte Patrick einen guten Heimflug und vor dem Haustor sah er mich lange an und sagte : "Ich komme wieder." Wir gaben uns typische Uy Küsschen....aber auch da wieder ein Stopp. Er drückte mich an sich. Dann ging er. WOW.....

Das nächste Treffen kam bald. Ich holte ihn wieder ab. Dieses  mal hatte ich  Herzklopfen. Er strahlte...wir strahlten. Wieder gingen wir Hand per Hand und er sagte mir, das er letztes mal  traurig war, dass mein Haus so nah an der Haltestelle lag. Das hatte ich auch gedacht. "Oh drei Katzen!" Sie saßen auf der Mauer am Eingangstor und schauten neugierig auf den Besucher runter. Ich sagte es wären 10 Katzen...Wo???? Irgendwo.! Bei Fütterung kommen  alle. Er wollte füttern. Glaubte es nicht. Er habe immer Hunde gehabt und schwärmte von einen Schäferhund, der leider schon gestorben war .  Nun lebt er mit einem Labrador und einer Mischlingshündin. Art kleiner Sennenhund. Es war zwar viel zu früh für eine Fütterung, aber ich wollte sehen was passiert. Brauchte bloß meinen Schnalzton zu  machen und aus allen Ecken kamen sie angerannt. Hugo lachte los und machte Fotos. Er ging auf die Katzen zu und wunderte sich, dass sie nicht mal irritiert waren. Dann faste er eine an. Sie ließ sich nicht stören. Auch  die Hunde bekamen ihre Ration. Nun waren wir von Tieren umringt. Hugo genoss es, Er freute sich über die Harmonie der Tiere. Sein Gesicht strahlte und es sah so jung aus. Wir schauten uns an und es war ein besonderer Moment. Als  er wieder ging, hatten wir nicht mal was gegessen. Wenn doch ...haben wir es vergessen. Aber was wir nicht vergessen werden...der erste Kuss und das Versprechen sich wieder zu sehen. Romantik pur.

                                                        

Wir schickten uns Nachrichten, Texte, Gifs, Fotos. Gut das die Enkel es nicht sehen konnten. Die hätten sich nicht nur gewundert, sondern vielleicht Sorgen gemacht.  Das erste deutsche Wort was Hugo lernte war .... IRRE....Total IRRE!  Einfach albern bis zum Abwinken. Oder auch so was....

Tengo los años  en que el amor, a veces es una loca llamarada ansiosa de consumierse en el fuego de una pasión deseada, y otras ... es un remanso de paz como el atardecer en la playa...?Que cuántos  años tengo?No necesito marcarlos con un numero.

Ich hoffe, ich werde der Übersetzung gerecht.

Ich habe die Jahre, in denen die Liebe manchmal ein verrücktes Aufflackern ist, das darauf wartet, im Feuer einer gewünschten Leidenschaft verzehrt zu werden, und manchmal ...  ist es eine Oase der Ruhe wie der Sonnenuntergang am Strand ... Wie alt bin ich ? Ich brauche sie nicht mit einer Nummer zu markieren.

Poesie und Intelligenz gepaart mit Humor. Es kam der Moment wo wir körperlich wurden. Ich pumpte wie ein Maikäfer. Wenn das auch noch funktionierte, würde ich mit den Typen notfalls bis ans Ende der Welt gehen. Es war perfekt! Um 15:10 ging sein Bus zurück nach Punta del Este , um 15:11 standen wir noch immer wie blöde zusammen.   Er sagte nur:"  Tschau Bus!".....Hugo hing dann später über eine Stunde an der Haltestelle und als endlich ein Bus für ihn kam, durfte er die gesamte Fahrt stehen!  Er schrieb mir..."Ich habe die gesamte Strecke über gegrinst und bin sehr glücklich."

                                                           

Als nächstes besuchte ich den neuen Novio! Schon die Fahrt war romantisch. Hugo kam mit dem Bus, nur um mit mir wieder zu sich zu fahren. Gebe zu, war mal wieder sprachlos.  Er hat erst vor einiger Zeit das Augenlicht auf einem Auge verloren. Somit darf er kein Auto mehr fahren. Seltsamerweise aber Motorrad. Also fährt er Motorrad. Allerdings keine weiten Strecken. Es ist in Uruguay nicht ungefährlich auf einem Zweirad. Schon mal gar nicht, wenn man  kein räumliches, 3D Bild mehr sehen kann. Ich bewundere ihn, wie gut er damit zurecht kommt. In seinem schönen Ort angekommen, gingen wir erst einmal die paar Meter zum Meer. Strahlend Blau. Atlantic .....Atlantida liegt am Rio de la Plata. Der hat oft die Farbe grau bis hin zu  cafe con leche, braun. Dann der Salzgeruch vom Meer. Wunderschön. OK, ich fand alles schön. Bis zu dem Moment wo eine ganze Familie in Hugos Haus flatterte. Er stellte mir seine Verwandten vor, die auch im Haus übernachten würden. Siedeheiß fiel mir ein, dass die Uys da anders ticken . Die Familie ist der Grundstein, das Wichtigste, Ich hatte das total vergessen. Oje! Wie nimmt die Familie das auf? Fühlte mich wie...RINN INS KALTE WASSER....Hugo beobachtete mich. Es war sehr einfach. Die beiden Kinder spielten mit mir und die Eltern freuten sich riesig, das Hugo so glücklich war. Der Grill war der zentrale Mittelpunkt obwohl es noch recht kühl war. Ich verlebte schöne Tage in  einem ehemaligen Fischerort. Somit fing auch ich an meinen Verwandten und Freunden von Hugo zu erzählen. Nicht einer äußerte sich negativ. Alle wünschten uns Glück. 

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🤝 Nun wurde es lustig. Wir  haben mit allem  gerechnet aber nicht  mit einer Umkehrung der Normalität oder neuen Realität. Das wurde uns beim  ersten  Treffen mit einer seiner Töchtern und Ehemann klar. Man traf sich bei mir und ich habe versucht ein Essen zu machen, wo ich nicht viel weg musste. Ich mag es überhaupt nicht in einer Küche zu arbeiten und der Rest plaudert. Also machte ich eine große Tapa oder wie man hier sagt Picada. Die "Kinder" waren sehr  sympathisch und erzählten von der letzten Fernreise. Dann fragten sie mich einiges. Wo ich herkäme, geboren bin, wie lange schon in Uruguay. Hugo stieß mich an und raunte mir ins Ohr: " Hier werden soeben die Rollen getauscht. Habe mich sicher genau so verhalten wo mir ein neuer Schwiegersohn vorgestellt wurde oder Schwiegertochter."  Wir lachten  uns schlapp. Erinnere mich sehr lebhaft an das erste Kennenlernen meine Schwiegertochter. Es wurde ein sehr schönes, lustiges Treffen. 

Nun ist Hugo 78 und ich 73. Wir werden versuchen die  Zukunft zusammen zu gestalten. Ein Satz ist fest verankert in meinem  Gedächtnis: "Wir brechen alle Regeln des dritten Zeitalters." Rompemos todas las normas de la TECERA EDAD. Wir haben ein Recht auf Verliebtsein, Liebe und Sexualität! Das wirklich  Schöne ist, das Menschen uns anlachen, wenn wir verliebt Sekt dem Sonnenuntergang zuprosten oder im Restaurant uns anhimmeln. Natürlich  wird dieses Stadium sich ändern aber wir haben uns fest vorgenommen so lange wie möglich es zu erhalten. Mein Kühlschrank ist voller Liebeserklärungen. Zettel die ich irgendwo fand, wenn er  wieder zurückfuhr. Wir genießen jeden Augenblick.  

Ich  habe vor über 20 Jahren  eine Fotoausstellung von Sexualität im Alter gesehen. Ein Foto wo ein älteres Paar eng umschlungen mit einem  Lächeln im Gesicht, nackt im Bett lag, blieb immer in meinem Gedächtnis. Es drückte Glück aus. So wollte ich alt werden. Aber nicht alle Paare werden gemeinsam alt. Wir haben noch mal die Chance, dieses Glück im dritten Zeitalter zu erleben.

ENDE