Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff
AFP
9. Mai 2016
Das
Amtsenthebungsverfahren gegen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff ist
ins Schleudern geraten: Der Übergangspräsident des Abgeordnetenhauses,
Waldir Maranhao, hob am Montag überraschend das Votum seiner
Parlamentskammer für eine Amtsenthebung auf. Rousseff sagte bei einer
Rede vor Anhängern in Brasilia, die Konsequenzen der Entscheidung könne
sie nicht absehen, der "ganze extrem irrguläre Prozess" müsse bekämpft
werden.
Bei
der Abstimmung Mitte April hatten sich 367 Abgeordnete für die
Amtsenthebung der Präsidentin ausgesprochen, 137 dagegen. Maranhao
stimmte damals gegen die Amtsenthebung. Er übernahm am vergangenen
Donnerstag die Leitung des Abgeordnetenhauses, nachdem der reguläre
Kammerpräsident Eduardo Cunha vom Obersten Gerichtshof wegen
Korruptionsvorwürfen des Amtes enthoben worden war.
Maranhao
erklärte das Abstimmungsergebnis von Mitte April nun für ungültig und
ordnete eine Wiederholung der Beratungen zu der Angelegenheit an. Er
machte geltend, dass die Beratungen des Abgeordnetenhauses vom 15. bis
17. April durch eine "Vorverurteilung" der Präsidentin gekennzeichnet
gewesen seien.
Rousseffs
Recht auf "umfassende Verteidigung" sei verletzt worden, befand
Maranhao. Er verwies darauf, dass etliche Abgeordnete schon vor der
Debatte öffentlich angekündigt hätten, wie sie abstimmen wollten. Nun
müsse ein neues Verfahren mit fünf Sitzungen des Abgeordnetenhauses
angesetzt werden.
"Wir
müssen vorsichtig sein, wir leben in einem Umfeld von List und Tücke",
sagte Rousseff. "Lasst uns die Demokratie verteidigen, den Staatsstreich
bekämpfen - und diesen ganzen extrem irregulären Prozess", sagte
Rousseff.
Der
brasilianischen Staatschefin wird Korruption im Zusammenhang mit dem
Skandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras zur Last gelegt. Sie soll
zudem Haushaltszahlen geschönt haben, um vor der Präsidentschaftswahl
2014 ihre Chancen zu verbessern. Die Politikerin der gemäßigt linken
Arbeiterpartei (PT) sieht sich selbst als Opfer einer "Verschwörung" und
wirft ihren Gegnern einen "Putsch" vor. In den
Petrobras-Korruptionsskandal sind in eine Reihe weiterer Politiker
verwickelt.
Das
Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff sollte in dieser Woche in seine
entscheidende Phase gehen. Für Mittwoch war eine Beratung der 81
Senatoren angesetzt. Am Freitag hatte sich bereits ein Sonderausschuss
des Senats für die Amtsenthebung ausgesprochen. Zunächst war nicht klar,
wie das Verfahren nun fortgesetzt werden soll. Vermutlich dürften
Rousseffs Gegner die Entscheidung Maranhaos juristisch anfechten.
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