Kommentar:
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Brasiliens Präsident beweist: Rechtsextrem und Gaga, das passt. Seinem Land beschert er in der Corona-Krise noch mehr Chaos.
Ein Kommentar von Jan Rübel
Für Rechte gehört der Glaube dazu, vor allem der Glaube an eine gewisse Stärke. Jair Bolsonaro jedenfalls ist nach Glaubenskriterien unschlagbarer Vorzeigeheld einer Nation, die ungefähr so stark ist:
"Der Brasilianer sollte ein Studienfach sein, er wird nie krank", sagte der Präsident. "Selbst wenn er in die Kanalisation eintaucht, passiert ihm nichts." Ich bin kein Brasilianer, daher probiere ich das nicht aus.
Vor ein paar Tagen tönte Bolsonaro noch über sich und das Virus: „In meinem Fall, mit meiner Leistungssportvergangenheit, also wenn ich mich anstecken würde, würde mich das nicht notwendigerweise beunruhigen. Ich würde wohl kaum etwas anderes spüren als eine kleine Erkältung oder etwas Angeschlagensein."
Dazu lässt sich dreierlei feststellen.
- Was seine „Leistungssportvergangenheit“ angeht: too much information.
- Jeder Corona-Infizierte, bei dem das Virus mehr als eine kleine Erkältung auslöst, ist demnach ein Waschlappen.
- Bleibt die Frage, welches Gefühl es auslöst, von jemandem wie Bolsonaro regiert zu werden.
Bei mir wäre es ein extrem ungutes. Bestenfalls schwadroniert Balsonaro. Nur sitzt er nicht zum Feierabend auf der Couch vorm Sofa und spricht zu sich selbst, sondern zum ganzen Land. Und das sucht gerade einen Weg, in der Corona-Krise klarzukommen. Nur durchkreuzt Bolsonaro mit seinem Kleinreden des Virus die Gesundheitspolitik seiner eigenen Behörden. Die bläuen gerade den kanalisationsresistenten Brasilianern ein, was überall auf der Welt zu hören ist: dass sie weniger Kontakt mit Mitmenschen haben sollen, um die Verbreitung des Virus zu hemmen.
Mal Hü, mal Hott
Doch Bolsonaro will das nicht, er will unbedingt keine geschlossenen Unternehmen und Geschäfte, er will Business as usual. Darum bezeichnet er Maßnahmen zur Eindämmung von Corona als Hysterie, außerdem könne es in Brasilien nicht so schlimm werden wie in Italien – wegen der jüngeren Bevölkerung und wegen des Klimas. Hm, ich dachte, es liege an der Sportlichkeit oder der Fähigkeit des Brasilianers an und für sich nicht krank zu werden, oder sollen seine Worte etwa nicht auf die Goldwaage gelegt werden? Die alten Leute in Brasilien, und ein paar wird es doch geben, werden sich jedenfalls für die warmherzige Beschreibung bedanken.
Die Gesellschaft hat also gerade mit einem Präsidenten zu tun, dessen Inhalte von Twitter selbst gestrichen werden. Die Botschaften hätten gegen die geltenden Regeln verstoßen, hieß es vom Dienst. Gelöscht würden Botschaften, die den Informationen der Gesundheitsbehörden zu der Pandemie widersprächen und die das Risiko einer Weiterverbreitung des Virus erhöhen könnten. Die gelöschten Inhalte beziehen sich auf Videos, in denen Bolsonaro durch Brasília läuft, sich mit Unterstützern trifft und sie dazu aufruft, die Wirtschaft am Laufen zu halten.
Der übliche Kram
Eines darf bei diesem komischen Aktionismus nicht fehlen, und natürlich bedient Bolsonaro auch dies: das Raunen von Verschwörungen, immer hinreichend unscharf und unangreifbar, weil in die heiße Luft gesprochen. Irgendwer habe "mit Sicherheit ein wirtschaftliches Interesse an der Sache“, behauptete der Präsident an anderer Stelle. Nun, er wird Bescheid wissen. Er kennt sich aus, mit Kanalisationen und ihren Inhalten. Würde er mit seinem Verhalten nicht das Leben von Menschen riskieren, wäre dieser Mann zum Lachen.
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