Einigung von EU und Mercosur
Inmitten des Handelsstreits der Supermächte USA und China setzen die EU und der südamerikanische Staatenbund Mercosur ein Zeichen der Zusammenarbeit. Es soll die größte Freihandelszone der Welt entstehen.
Von Holger Romann, ARD-Studio Brüssel
Viel Applaus im Pressesaal der Kommission, als
der Durchbruch verkündet wurde. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström
unterstreicht: das Abkommen mit den Mercosur-Staaten sei das größte, das
die Union je geschlossen habe. Es schaffe "enorme Möglichkeiten" und
bringe "zwei Kontinente enger zusammen - im Geist der Offenheit und
Zusammenarbeit."
Gemeinsam wollen die Europäische Union und der südamerikanische Staatenbund Mercosur
die größte Freihandelszone der Welt aufbauen. Größer noch als JEFTA,
das Abkommen der EU mit Japan, das seit 1. Februar in Kraft ist. Rund 20
Jahre haben die Verhandlungen gedauert, zuletzt drohten sie wegen
Unstimmigkeiten mit dem neuen, rechts-konservativen Präsidenten von
Brasilien, Bolsonaro, zu scheitern. Nun jubelt auch er, wie
Kommissionschef Juncker auf Twitter, über einen "historischen Moment" -
das "wichtigste Handelsabkommen aller Zeiten."
Argentiniens Außenminister Jorge Faurie hob in Brüssel die Bedeutung für die Länder Lateinamerikas hervor: Lange sei der Mercosur leider
ein "sehr enger Wirtschaftsraum" gewesen. Durch die Verbindung mit der
EU habe man nun Anschluss an gut 30 Prozent des weltweiten
Bruttoinlandsprodukts, bezogen auf die Produktion.
Abbau von Zöllen, mehr Zulassungsverfahren
Ziel der Übereinkunft ist der weitgehende Abbau
von Zöllen und anderen, sogenannten "nichttarifären" Handelshemmnissen,
wie etwa doppelte Zulassungsverfahren. Damit hofft man, den
wechselseitigen Warenaustausch anzukurbeln und der Wirtschaft Kosten in
Milliardenhöhe zu ersparen. Vier Milliarden Euro an Zollgebühren,
verspricht Handelskommissarin Malmström, würden jedes Jahr allein auf
EU-Seite wegfallen, wenn das Abkommen einmal vollständig in Kraft sei -
vier Mal so viel wie im Handel mit Japan.
Der Mercosur umfasst die Länder
Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Mit einer Bevölkerung von
mehr als 260 Millionen Menschen ist er einer der größten
Wirtschaftsräume der Welt. Durch den Vertrag mit der EU entstünde ein
Markt von 780 Millionen.
Nahrungsmittel, Getränke und Tabak aus Südamerika
Die Exporte europäischer Unternehmen in die vier
Staaten beliefen sich im vergangenen Jahr auf rund 45 Milliarden Euro,
in die andere Richtung lagen die Ausfuhren nur knapp darunter. Aus
Südamerika importiert die EU vor allem Nahrungsmittel, Getränke und
Tabak.
Die politische Einigung über das Abkommen, die
mit etwas Zeitverschiebung auch auf dem G20-Gipfel im japanischen Osaka
offiziell verkündet wird, ist auch eine Botschaft an den selbsternannten
"Dealmaker" Donald Trump und dessen protektionistische "America
First"-Politik. In Zeiten internationaler Spannungen, so Kommissionschef
Juncker, sendeten die EU und ihre Partner ein starkes Signal für einen
regelbasierten Welthandel. Der argentinische Außenminister Faurie
drückte es so aus:
"Da sind zwei Gruppen von Ländern, die in der Lage sind, ihre Differenzen zu überbrücken, die erreichen, was wir brauchen und die versuchen zu kooperieren zum Nutzen der Menschen auf beiden Seiten."
Es gibt auch Kritik an dem Abkommen
Allerdings: es gibt auch Kritik an dem geplanten
Freihandelsabkommen zwischen EU und Mercosur. Vor allem Europas
Landwirte befürchten, im Wettbewerb mit den Agrarriesen in Südamerika
den Kürzeren zu ziehen. Umwelt- und Verbraucherschützer kritisieren
zudem den laxen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln und Gentechnik.
Die EU-Kommission verweist dagegen auf die
ökonomischen Chancen und beruhigt: europäische Werte und Standards seien
nicht bedroht. Ebensowenig das staatliche Regulierungsrecht und der
öffentliche Sektor. Dafür sorgten diverse Schutzklauseln im Vertrag, wie
etwa das Vorsorgeprinzip oder Verweise auf Lebensmittelsicherheit,
Umwelt- und Klimaschutz.
Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 29. Juni 2019 um 01:00 Uhr.
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