Ich vermisse ihn schon jetzt! Difi
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- Uruguays Präsident José Mujica gibt am 30.11.2014 seine Stimme in einem Wahllokal in Montevideo ab. (imago/Xinhua)
José Mujica ist wohl einer der ungewöhnlichsten
Präsidenten, die nicht nur Südamerika je gesehen hat. An Glamour liegt
dem 79-Jährigen, der sein Amt am 1. März abgibt, nichts. Er führt ein
einfaches Leben auf einem kleinen Bauernhof. Zum Abschied dankte er den
Uruguayern dafür, dass er ihr Präsident sein durfte. Viele werden ihn
wohl vermissen.
Eine Szene im Zentrum von Montevideo. Ein Bettler
bittet Uruguays Präsidenten um eine Münze, um sich etwas zu kaufen. Die
Antwort ist typisch für Pepe Mujica.Nein, er habe keine Münze in seinem Portemonnaie, dafür aber einen Geldschein, sagt Mujica, nimmt den Schein und gibt ihn dem Obdachlosen.
Er wünsche sich, dass Mujica für immer Präsident bleibe, schickt der Bettler noch hinterher. Bloß nicht, meint der Präsident und lacht.
José Mujica, den alle nur Pepe Mujica nennen, war der etwas andere Präsident Uruguays. Der 79-Jährige lebt bis heute auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Montevideo, den er selbst bewirtschaftet und wo er Blumen züchtet. Er fährt einen 40 Jahre alten VW Käfer, und 85 Prozent seines Präsidentengehaltes spendete er für wohltätige Zwecke. Sein schlichtes Leben lebte Mujica trotz des Staatsamtes aus tiefer Überzeugung.
"Um zu leben, braucht man Freiheit. Und um Freiheit
zu haben, braucht man Zeit. Wenn ich mich um ein großes Haus kümmern
muss, um dieses und jenes, dann bleibt mir doch keine Zeit mehr. Ich
bevorzuge, so viel Zeit wie möglich zu haben, um das zu tun, was mir
gefällt. Und das ist die Freiheit. Ich lebe so schlicht, um Zeit zu
haben.
Der ärmste Präsident der Welt - diesen Ruf hatte Pepe
Mujica während seiner fünf Jahre als Staatsoberhaupt Uruguays. Mujica
war in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Präsident. Er schaffte den
Sprung vom Rebellen zum Staatschef. In den sechziger Jahren gehörte er
zu den Gründern der Tupamaro-Stadtguerilla, die mit Gewalt den Staat
bekämpfte. Er wurde angeschossen, viermal verhaftet, zweimal gelang ihm
die Flucht aus einem Hochsicherheitsgefängnis. Insgesamt war er während
der Militärdiktatur in Uruguay fast 14 Jahre unter unmenschlichen
Bedingungen eingekerkert, meist in Einzelhaft. Rückblickend
philosophiert er von seiner Sturm- und Drang Zeit. Die Welt ändert sich nur sehr langsam
"Ich war Teil einer Jugend, die die Welt verändern
wollte. Aber wir haben nichts verändert und die Welt drehte sich weiter.
Mit der Zeit lernte ich, dass die Welt sich in Stufen verändert, aber
nur sehr langsam. Und dass das menschliche Leben viel kürzer ist."
Seit jenen Rebellen-Zeiten ist Pepe Mujica mit Lucía
Topolansky zusammen, inzwischen sind sie verheiratet. Ebenso wie der
scheidende Präsident war auch sie während der Militärdiktatur in Uruguay
lange Zeit in Haft, 13 Jahre. Sie glaubt, dass die bescheidene
Lebensweise Mujicas unzweifelhaft mir der langen Inhaftierung
zusammenhängt. Und sie erinnert an ein Zitat von Erich Maria Remarque
aus dem ersten Weltkrieg, das sie ein wenig umwandelt.
"Im Schützengraben reduziert sich der Mensch auf das
Wesentliche, und ebenso ergeht es ihm im Gefängnis. Sich so zu erleben
ist wundervoll und erschreckend. Beides zugleich."
Nach der Diktatur in Uruguay begann seine politische
Karriere, die ihn bis in das höchste Staatsamt führte. Politisch setzte
er Akzente, durch die vieldiskutierte Liberalisierung des Verkaufs von
Marihuana in Uruguay und durch sein Plädoyer für mehr Bescheidenheit,
auch als Politiker. Eine Haltung, die er bei seiner letzten Rede seinen
lateinamerikanischen Präsidentenkollegen ins Stammbuch schrieb.
"Der harte Kern der politischen Führungsriege in
jedem Land muss sich ethisch und moralisch verpflichtet fühlen. Wenn die
Politiker auch noch effizient sind und etwas können - umso besser. Aber
es gibt etwas, das keinen Preis hat. Man darf nicht in die Politik
gehen, um Geschäfte zu machen oder um besser zu leben: Sondern man muss
sich gemeinmachen mit der Sache der Bürger."
Pepe Mujica war nicht immer so. Er habe sich im Laufe
der Jahre verändert, meint der uruguayische Analyst Pedro Narbondo. Vom
Ideologen zu einem klugen Pragmatiker.Vom radikalen Guerilla zum Pragmatiker
"Er hat sich gewandelt von einem Aktivisten mit sehr
radikalen Positionen, zu einem pragmatischen, auf Ausgleich bedachten
Politiker. Seine Stärke ist, einen Dialog zwischen unterschiedlichen
Kräften zu lenken. Mujica kann durch diese Kapazität mit seinen ärgsten
Gegnern umgehen."
Pepe Mujica versuchte sein Glück übrigens auch bei
Barack Obama, wollte ihm seine bescheidene Lebenseinstellung
näherbringen. Die Reise in die USA war einer der letzten Staatsbesuche,
die Mujica machte. Der ärmste Präsident der Welt zu Gast beim
mächtigsten Staatschef der Erde. Großartig beeindrucken ließ sich der
Ex-Guerillero nicht, dass er Obama bekehren würde, glaubte Uruguays
Präsident aber auch nicht.
"Kaum jemand wird auf mich hören, vielleicht einige
Alte. Ein Präsident ist jedenfalls nicht mehr wert als jeder andere. Und
auch wenn man große Allüren hat: Jeder von uns muss irgendwann mal in
die Kiste. Und keiner kann das Geld mitnehmen, das er angehäuft hat. Das
ist doch eine dumme Lebensweise."
Eine großangelegte Verabschiedung des Präsidenten Pepe
Mujica wird es nicht geben. Andersherum wäre es richtig, meinte er
jüngst. Wenn die scheidende Regierung dem Volk dankt. Auf seiner neuen
Homepage hat der 79-Jährige das schon mal umgesetzt. Mit den spanischen
Worten "Gracias Pueblo" dankt er seinen Uruguayern. Die werden den
kauzigen Pepe Mujica sicher vermissen.
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