Montag, 29. Dezember 2014
Uruguay beschließt Gesetz zur Regulierung der Medien
Klare Regelungen für Einfluss audiovisueller Medien. Große Mehrheit im Parlament. Opposition kündigt Verfassungsbeschwerde gegen Vorhaben an
Von
Gunda Wienke
amerika21
Künftig darf keine natürliche oder legale Person mehr als sechs landesweite TV Lizenzen erwerben, oder drei, wenn eine der Lizenzen im Stadtgebiet von Montevideo liegt
Quelle: wp.enciclomedios.com
Montevideo. Der Senat in Uruguay hat ein Gesetz zur Regulierung des Medienmarktes beschlossen, das dem ungehemmten Einfluss privater Konzerne Einhalt gebieten soll. Am 22. Dezember ging die Initiative zur Abstimmung ins Repräsentantenhaus, nachdem der Senat bereits am 16. Dezember grünes Licht gegeben hatte. Von den 75 Abgeordneten stimmten 50 für den Gesetzentwurf, die 25 Mitglieder der Opposition votierten geschlossen dagegen. Insgesamt wurden 186 Artikel abgestimmt, die künftig die Radio- und Fernsehsender regulieren. Ausgenommen sind derzeit noch das Internet und Soziale Netzwerke.
Das Gesetz zielt darauf ab, Monopole und Oligopole von großen kommerziellen Medienunternehmen zu unterbinden. Bereits bei der Vorstellung des Gesetzentwurfes Mitte des vergangenen Jahres (amerika21 berichtete) hatte Präsident José Mujica Regelungen gefordert, "die der Bildung von Monopolen oder Machtgruppen entgegenwirken oder sie begrenzen sowie Mechanismen zur deren Kontrolle zu schaffen."
In Uruguay sind Presse, Radio und Fernsehen seit dem Ende der Diktatur (1973-1985) in den Händen dreier großer Familienunternehmen – Romay Salvo, Fontaina-De Feo und Scheck – die den gesamten Medienmarkt unter sich aufgeverteilt haben.
Die Opposition und die Verleger, die in der Asociación Nacional de Broadcasters del Uruguay (Andebu) organisiert sind, haben im Vorfeld den Gesetzentwurf immer wieder heftig angegriffen und als "faschistisch" und "autoritär" bezeichnet. Einen Tag vor der Parlamentabstimmung bezeichnete der Ex-Präsident Julio María Sanguinetti von der konservativen Colorado-Partei das Gesetz als “einen geladen Revolver im Nacken des unabhängigen Journalismus".
Das sehen journalistische Organisationen, wie die Uruguayische Presseagentur oder selbst Reporter ohne Grenzen anders. Und auch seitens der Vereinten Nationen und der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) gab es Lob für das neue Mediengesetz.
Die Regelung "Ley de Servicios de Comunicación Audiovisual" (SCA) wurde über den Zeitraum von einem Jahr von einem eigens einberufenen Komitee erarbeitet. Das Gremium war ausgewogen besetzt: Journalisten, Verleger und Vertreter sozialer und akademischer Organisationen waren vertreten. Das Gesetz soll "zur Freiheit der Information sowie zur sozialen Einbeziehung ohne Diskriminierung beitragen und die kulturelle Vielfalt, die Bildung und Erholung fördern", sagte Mujica.
Einige bemerkenswerte Punkte des neuen Gesetzes sind:
Mindestens 60 Prozent des öffentlichen Fernsehprogramms sollen aus uruguayischen Produktionen oder Co-Produktionen stammen.
Mindestens 30 Prozent der landesweiten Programme sollen von unabhängigen Produzenten gemacht werden. Kein einzelner Produzent darf mehr als 40 Prozent des Gesamtprogramms einer Station machen.
Keine natürliche oder legale Person darf mehr als sechs landesweite TV Lizenzen erwerben, oder drei, wenn eine der Lizenzen im Stadtgebiet von Montevideo liegt.
Eine vorab Zensur von Beiträgen ist untersagt. Die Integrität der Journalisten wird gewahrt und Quellenschutz garantiert.
Das Fernsehprogramm muss mindestens zwei Stunden in der Woche ein kulturelles Programm zeigen (Theater, Tanz, bildende Kunst, etc).
Spiele der Fußball und Basketballnationalmannschaft sind im Interesse aller und werden im Radio und Fernsehen frei zugänglich, unentgeltlich, direkt und gleichzeitig übertragen.
Minderjährige dürfen nicht in der Werbung von Alkoholika, Zigaretten oder anderen gesundheitsschädlichen Produkten auftauchen.
Die Rechte von Kindern und Jugendlichen werden gestärkt. In der Sendezeit zwischen 22 und 06 Uhr dürfen keine Szenen von brutaler Gewalt oder Pornografie gezeigt werden.
Gewährleistung der Barrierefreiheit für Personen mit visuellen oder auditiven Problemen.
Der neu gewählte Präsident Tabaré Vázquez (Frente Amplio) begrüßte die Verabschiedung des Gesetzes und sagte, dass er sich nach seinem Amtsantritt im März 2015 direkt damit befassen wolle. Vertreter der oppositionellen Partido Independiente haben indes eine Verfassungsbeschwerde angekündigt.
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