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Freitag, 19. Dezember 2014

Ernährungsunsinn des Monats Dezember 2014: Fleischflut in Schulen

Da auch in Uruguay der Trend dorthin geht, ist das ein interessanter Artikel.

Zielvorgabe Schulernährung:

Den Schülern schmeckt es, sie essen sich satt und bleiben so leistungsfähig !Nachdem im Sommer dieses Jahres ein Aufschrei der Empörung durch Deutschland hallte, weil „in Kitas zu viel Fleisch und zu wenig Obst und Gemüse verzehrt“ würde, nahm sich im November eine weitere Studie nun das Schulessen zur Brust [1] – und kam zum gleichen Ergebnis wie die Kita-Studie. Auch die medialen Mechanismen waren die gleichen – die vorschnelle und ungerechtfertigte Aburteilung, das Essen sei ungesund, denn es entspräche nicht den DGE*-Standards. Dabei lieferte die aktuelle Schulstudie - im Gegensatz zur Kita-Studie - das wichtigste Ergebnis gleich mit: „Den Kindern munden ihre Mittagsmahlzeiten: Etwa der Hälfte aller Schüler schmeckt das Essen sehr gut oder gut, insgesamt liegt die Note bei einer Zwei minus – und das ist unterm Strich, was auf dem Tisch zählt“, erklärt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop. „Die praktische Erfahrung zeigt, dass gerade...

Vegetarisch fuer Kinder
Vegetarisch fuer Kinder© BlueSkyImages

...bei Schulessen, das nicht den `gesunden´ Anforderungen der DGE entspricht, die Zufriedenheit der Kids besonders hoch ist“, ergänzt Udo Pollmer, wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E. e.V.), „daher klagen etliche Caterer über die Regelhörigkeit vieler Schulen: denn je mehr `gesunde Kost´ verpflichtend aufzutischen ist, um den Auftrag zu bekommen, desto mehr lassen die Kinder auf den Tellern liegen und desto mehr landet im Müll.“ Schaut man sich die Daten der aktuellen Originalstudie en Detail an, welch´ Überraschung, dann entdeckt man genau diesen Zusammenhang zwischen Gesundkost und Unzufriedenheit mit dem Mensaangebot.
Weitere, wesentliche Kritikpunkte an der „kollektiven Kinder-Essparanoia“ in Schulen sind die gleichen wie bei den Kitas - daher sei der Einfachheit halber auf den entsprechend themenaffinen Ernährungsunsinn verwiesen [2]. Darüber hinaus sollte man beachten …

Ohne Essen keine Einsen!

Kinder brauchen Energie, um schulische Leistungen zu liefern. Schmeckt ihnen das Essen nicht, dann lassen sie es liegen – und sie werden im Unterricht unruhig und stören. „Wenn der körperliche Hunger nach Energie zu groß wird, sinkt die Konzentration, man wird gestresst, unaufmerksam bis aggressiv – das ist bei Erwachsenen so und bei Kindern noch ausgeprägter, da instinktiver“, erklärt Knop. „Je mehr gesunde DGE-Kost, desto weniger essen die Kinder. Sie werden unruhig und stören den Unterricht. Die DGE-Empfehlungen sind keine Hilfe für den schulischen Erfolg, das Gehirn wurde schon immer mit Kalorien betrieben und nie mit Salat“, resümiert Pollmer. Aber auch hier liefert die Schul-Studie wichtige Erkenntnisse für die Praxis: Die Top-Ten-Hitliste „Mag ich gar nicht essen“ dominieren Gemüse: Spinat, Brokkoli, Pilze und Spargel. „Aus lebensmittelchemischer Sicht ist das absolut nachvollziehbar, so beispielsweise: Spinat enthält Oxalsäure, die greift den Zahlschmelz an und fördert Nierensteine – das mag kein kluges Kind essen. Oder Brokkoli: Hier entstehen nach Verzehr aus dem natürlichen Inhaltsstoff Sulforaphan in der Leber Dithiocarbamate. Am Rande erwähnt: Dithiocarbamate sind aggressive Pestizide, meist Pilzvernichtungsmittel, deren Einsatz weitgehend verboten werden musste: Sie stehen im Verdacht beispielsweise Nervenschäden und Schilddrüsenprobleme auszulösen [3]. Die Mengen an fragwürdigen Dithiocarbamaten, die im kindlichen Körper durch Brokkoli entstehen, können um Zehnerpotenzen über den zulässigen Höchstmengen für Pestizide liegen. „Kein Wunder“, so Pollmer, „dass wohlerzogene Kinder solche Giftschleudern verweigern und lieber Currywürste genießen.“ Essen, das nicht gegessen wird, ist nicht „gesund“, sondern Bio-Müll

Gesunde Ernährung für Kinder? Keine Beweise!

Weiterhin sei an Grundlegendes erinnert: Erstens gibt es bis dato keinen einzigen Beweis, dass die DGE-Regeln zur Kinderernährung die Gesundheit der Kinder auch nur ein Promille fördern – und damit gibt es auch keine Sicherheit, dass diese frei erfundenen Regeln zur Zwangsernährung dem Nachwuchs nicht sogar schaden. Und zweitens weiß niemand, wieviel Fleisch `zu viel´ ist, geschweige denn, was gesunde Ernährung für Kinder sein soll - außer den Kindern selbst. Heranwachsende brauchen Eiweiß, also Fleisch, Eier, Käse aber sie benötigen keine Rohkost. In diesem Zusammenhang ragt ein Medienbericht aus der „Panik-Phalanx“ heraus: In der FAZ werden die richtigen Fragen gestellt werden [4]. Und dort bestätigt beispielsweise Andreas Pfeiffer, Professor an der Berliner Charité und am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam, dass keine Evidenz „speziell für Kinder und Jugendliche im Schulalter“ vorliegt, „dass viel Fleisch nicht gut ist.“
Und diese Wissenslücke der Ernährungswissenschaften ist systemimmanent. Erst jüngst ergaben gleich mehrere internationale Studien unisono, dass weder ein Zusammenhang zwischen Fast Food noch zwischen „gesunder“ Ernährung und dem Kindergewicht besteht [5]. „Kurzum: Man weiß nichts, tut aber im Lichte der Öffentlichkeit gerne so, als wolle man nur das Beste für die Gesundheit der lieben Kleinen“, so Knop. Das Geld jedoch, das die Politik in dieser unsäglichen öffentlichen Debatte verschwendet, sollte lieber in nahrhaftes Schulessen investiert werden – und zwar am besten unter primärer Berücksichtigung der Wünsche der Kinder.

Fazit: DGE go home, kids go kitchen! Schulkinder sollen das zu essen bekommen, was ihnen schmeckt und nicht, was ihnen von Ernährungsaposteln verordnet wird. Geld genug ist da - es gehört einfach nicht in die Hände von wichtigtuerischen Ernährungsaufklärern, sondern von gestandenen Köchinnen. Ergo, Herr Minister Schmidt: Sorgen Sie dafür, dass unsere Kinder satt werden, damit sie im Unterricht auch aufmerksam zuhören und was lernen können. Dann fällt es auch leicht, Seneca zuzustimmen: „Venter praecepta non audit: poscit, appellat.“

Randnotiz: Wie weltfremd, da praxisfern die derzeitigen Forderungen der Politik an die Schul-Ernährung sind, verdeutlichen drei Schulleiter im Artikel auf spiegel online


Das EU.L.E.-Ernährungsunsinns-Team wünscht allen Leserinnen und Lesern genussvolle Feiertage – und zwar mit saftigen Bissen Weihnachtsbraten, dafür ohne Gewissensbisse der „Gesundheitsmafia“. Lassen Sie es sich schmecken!



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Quellen

[1] Vollumfängliches Blätterrauschen im deutschen Medienwald „Zu viel Fleisch und zu wenig Gemüse in der Schulverpflegung“ anlässlich Bundeskongress Schulverpflegung 2014

[2] Ernährungsunsinn des Monats: Fleisch-Flut in Kitas, Juli 2014

[3] Zirkus Brokkoli, Deutschlandradio Kultur, 05.10.13

[4] Kinder brauchen Fett, FAZ, 02.12.14

[5] Fettleibige Kinder – TV, Fast Food, „gesunde“ Ernährung und Sport ohne Einfluss auf Adipositas, Pressemeldung Uwe Knop, 24.11.2014


* DGE = Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.



18. Dezember 2014

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