Samstag, 6. Dezember 2014
Allenfalls Schmuck: Bernstein-Halsbänder für Hunde kein guter Zeckenschutz
von Konsumentenbund (28.02.2014 - 20:35)
Wer einmal Hunde gehalten hat, kennt sie: 8 Beine, dicker Leib, lateinisch Ixodida … deutsch: die Zecke. Die Spinnentiere sind in einigen Gegenden eine wahre Landplage für Herrchen, Frauchen und Hund. Etwa zwanzig Zeckenarten kommen in Deutschland vor. Und warten – zumeist an Gräsern und Büschen klammernd – auf einen Wirt.
Obwohl die Zecke als Wirt dabei Mensch und Rind bevorzugt, nimmt sie im Zweifel, was sie gerade bekommt. Hunde, die durch hohes Gras oder Büsche laufen, kommen ihnen dabei in der Regel gerade recht. Die Zeck ist dabei in ihrer Wahrnehmung äußerst eingeschränkt. Mit dem sog. Hallerschen Organ (auch „Haller-Organ“) kann Sie exakt vier Substanzen „riechen“, nämlich Ammoniak, Kohlendioxid, Milchsäure und vor allem Buttersäure erkennen, die von den jeweiligen Wirtstieren durch Atem und Schweiß abgegeben werden. Diese kommen hauptsächlich in Atem und Schweiß der Wirtstiere vor. Allerdings bemerkt sich auch Lichtveränderungen und Vibrationen. Abhilfe versprechen eine Vielzahl von Online-Händlern die Hundehalsbänder mit Bernstein als Anti-Zecken-Mittel bewerben. Wir haben uns die Dinger einmal für Sie angesehen.
Wie soll das wirken?
Wer sein Heim mit dem „besten Freund des Menschen“ teilt, macht früher oder später seine ganz persönlichen Erfahrungen mit Zecken und – so scheint es – auch mit allerlei esoterischem Quatsch. Das neueste Eso-Nepp: Bernsteinketten für Hunde gegen Zecken. Wir staunten nicht schlecht, zu welchen Wirkbehauptungen sich Händler versteigen, um an das Geld von Herrchen und Frauchen zu kommen:
Da ist etwa die Rede von einem Duft, den der Bernstein auf dem Hund verbreitet und der für Menschen zwar angenehm sein soll, Zecken aber angeblich abschreckt. Der Haken an der Sache? Das bereits erwähnte Hallersche Organ kann chemische Verbindungen wie Kohlendioxid, Ammoniak und Schwefelwasserstoff wahrnehmen. Dafür, dass die Zecke so auch Bernstein-Duft überhaupt wahr nehmen kann, konnten wir trotz einiger Anstrengungen keinen einzigen Beleg finden. Geschweige denn, dass dieser Duft die Zecke überhaupt "abstoßen" soll.
Noch spannender aber finden wir allerdings dass die auf (angeblicher) elektrostatischer Abschreckung beruhen. Da gibt es auf die eine oder andere Weise Erklärungen, nach denen der Bernstein, mal wie ein elektrischer Schutzschild wirken soll und mal soll der geladene Bernstein wie ein Taser die Zecke geradezu weg-blastern. Spannend sind diese Erklär-Modelle allemal. Aber naturwissenschaftlich schlüssig sind sie nicht. Da hilft ein Blick in ein Schulbuch der 7 Klasse. Mit etwas Glück findet man dort die Geschichte von Thales von Mileth, der um 550 v. Chr. mit Hilfe von Bernstein (griechisch übrigens „elektron“) das Prinzip der Reibungselektrizität verdeutlichte. Reibt man den Bernstein lädt er sich auf und wird (auch) elektrostatisch. Die Konsequenz aber ist misslich, denn so zieht er kleine und leichte Dinge an; klein und leicht, wie Fusel, Schnipsel ... oder eben Zecken.
Hokuspokus mit gewaltigen Gewinnspannen
Ein altbekanntes Problem des Verbraucherschutzes taucht übrigens auch hier auf: Wenn ein "Halsband mit Bernstein" beworben wird, heißt dies keineswegs, dass sämtliche braun-gelben Steine am Halsband auch Bernstein sind. Vielmehr kann es durchaus sein, dass der Händler nur einen einzigen Bernstein an die Kette hängt und im übrigen Bernstein-Immitat. Ebenfalls sollte der Kunde wissen, dass Pressbernstein, der aus Schleifstaub gewonnen wird, durchaus als "Echtbernstein" oder "echter Bernstein" (Handelsname "Ambroid") bezeichnet werden können. Im Handel gibt es im Übrigen eine Vielzahl von Bernsteinimmitaten aus Celluloid, Plexiglas, Bakelit, Bernit (Bernat) und Casein unter den Handelsnamen Galalith, Alalith oder Lactoid (früher auch "Polybern").
Auffällig sind auch die relativ hohen Preise, die für Hundehalsbänder aus Bernstein verlangt werden. In vielen Fällen ist Herrchen und Frauchen für ein relativ kleines Halsband deutlich über 20,00 € los. Dem dürften Herstellungskosten von rd. 3,00 € bis 4,00 € gegenüberstehen. Eine solche Spanne von 500% bis 800% ist allerdings im Esoterik-Bereich nicht selten.
Fazit
Die behauptete Wirkung als Zecken-Abschrecker lässt sich für uns nicht nachvollziehen. Wissenschaftliche Untersuchungen ließen sich hierzu nicht finden. Plausibel erschein das Konzept aber auf keinen Fall. Das Halsband mag als (teurer) Modeschmuck für den Hund durchgehen, als Zeckenschutz ist es nicht zu empfehlen.
Was wirklich bei Zeckenbissen zu tun ist
Für die Zeckenentfernung gibt es unterschiedliche Methoden und Hausmittelchen. Es gibt aber tatsächlich auch wissenschaftliche Untersuchungen über die richtige Entfernung von Zecken. Dabei wird empfohlen, die Zecke dicht über der Haut zu packen und zu ziehen, wobei ein Hin- und Herdrehen oder vorsichtiges Rütteln die Entfernung erleichtert. Als wirksam hat sich herausgestellt, die Zecke nicht (!) in einem Ruck herauszuziehen, sondern sie von der Hautoberfläche anzuheben und unter andauerndem Zug so lange zu halten, bis die Zecke von selbst loslässt. Dies geschieht meist innerhalb weniger Sekunden bis einer Minute.
Ernste Sache: Zeckenbiss beim Menschen
Menschen sollten Zeckenbisse nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Spinnentiere übertragen bisweilen Borreliose, Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Babesiose, Ehrlichiose oder Rickettsiosen. Ein Zeckenstich (eigentlich ist es kein "Biss") ist eine Verletzung, mit der keineswegs leichtfertig umgegangen werden sollte.
Beißt die Zecke einen Menschen, heißt es: ab zum Arzt. Ihr Arzt wird Sie untersuchen und über die weitere Therapiemöglichkeiten aufklären. Dabei kann es sich lohnen, die Zecke aufzubewahren, z.B. in einem Schraubglas. Manche Gesundheitsämter und Landeslabore (z.B. der Gesundheitsdienst Baden-Württemberg oder das Hessische Landeslabor oder das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) bieten eine Untersuchung der Zecke an, um zu klären, ob sie mit Borrelien, dem Erreger von Borreliose, infiziert war. Die Kosten dafür belaufen sich auf 10,00 € bis 100,00 €, werden aber nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Quellen und Links
Zecken-Infos beim Robert-Koch-Institut
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Wie wird eine Zecke richtig entfernt?
Zeckenschutz, Arbeitsgemeinschaft für forstwirtschaftliche Leistungen Hessen e.V.: Arbeitsschutzinfo 2/2009
Studie zur Korrelation von Saugdauer und Borreliose-Erkrankung:
O. Kahl u. a.: Risk of infection with Borrelia burgdorferi sensu lato for a host in relation to the duration of nymphal Ixodes ricinus feeding and the method of tick removal.
in: Zentralblatt für Bakteriologie. 287, Nr. 1–2, S. 41–52, PMID 9532263 (FU Berlin).
Bildrechte
By Hannes Grobe (Own work) [CC-BY-SA-2.5], via Wikimedia Commons
Esoterik
Rat und Tat
http://www.konsumentenbund.de/blog/konsumentenbund/allenfalls-schmuck-bernstein-halsb%C3%A4nder-f%C3%BCr-hunde-kein-guter-zeckenschutz.html
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Wer kommt denn auf diesen Blödsinn.
AntwortenLöschenEs gibt Menschen die glauben daran. Für mich ist in diesem Fall Aufklärung sehr wichtig, da es gefährlich werden kann. In Europa gibt es Zecken mit voller Breitseite. Habe es bei einem Kollegen erlebt wie er zum Vollinvalide wurde. Er konnte nicht mal mehr sprechen obwohl Sprache sein Beruf war.
AntwortenLöschenDas prägt.
Bei Tieren tritt häufiger Babesiose auf, z.B. bei Rindern und Hunden. Parasiten zerstören die roten Blutkörperchen, was zum Tode des Tieres führen kann. Diese Tierkrankheit ähnelt der menschlichen Malaria, deshalb spricht man in Deutschland manchmal auch von "Hundemalaria". In Deutschland überträgt die Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) die Babesiose.
Hier in Uy gibt es diese Sachen nicht. Also kann man mit einer Zeckenzange die kleinen Tierchen raus holen. Ganz ohne Chemie.
Aber das ist ja teurer als Antiparasitenzeug.
AntwortenLöschenAnna
Kann sein...aber nicht so hübsch. http://www.deine-tierwelt.de/kleinanzeigen/bernsteinhalsbaender-gegen-zecken-a80168757/ Glaube es einfach nicht...stelle mal oben solch ein Halsband rein.
AntwortenLöschenStelle mir gerade Alf mit solch einer Perlenkette vor. Könnten auch Zuckerperlen sein. Wäre egal. Ist witzig aber vorzugaukeln, dass es hilft ist schon fahrlässig.
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AntwortenLöschenas Landgericht Hamburg befand in einem Urteil vom 21. August 2008 (Az.: 327 O 204/08), dass das Bewerben von Heilwirkungen von Steinen und die Bezeichnung derselben als „Heilsteine“ unlauterer Wettbewerb ist, selbst wenn auf den fehlenden wissenschaftlichen Nachweis der heilenden Wirkung hingewiesen wird. Begründet wurde das Urteil damit, dass es keine Hinweise auf eine krankheitsvorbeugende oder heilende Wirkung gebe und eine solche Bezeichnung den potentiellen Kunden irreführe. LG
Kann es verstehen. Wenn jemand an so was glaubt, kann es auch wirken nur bei Zecken klappt das nicht so ganz. Diese Tierchen sind anders gestrickt und wollen überleben.
AntwortenLöschenHabe da den Verdacht das man überschüssiges Berstein oder auch Imitationen auf den Markt mit einer Idee gebracht hat. Immerhin gilt Bernstein als Altfrauenschmuck!
Wenn ich den ersten Mann mit Bernstein kette sehe, weiß ich woher der Wind weht.
AntwortenLöschenLG
Glauben versetzt Berge aber bring das mal einer Zecke bei. All unsere Tiere, ohne Ausnahme, hatten noch keine einzige Zecke in Uy. Habe sie bei einem kleinen Hund gesehen. Der hing voll wie ein Christbaum. Habe eine Zeckenzange mit Batterie. Da bekommt der kleine Vampir einen Stromschlag und lässt los. Weiß nicht wie lange ich an dem Hund gearbeitet habe. Der muss in ein Nest gefallen sein. Allerdings lebte er auf dem Land. Da die Zecken hier kleiner sind ist es sogar schwieriger sie raus zu bekommen ohne das der Kopf drin bleibt. Aber die gute Nachricht, die Biester übertragen nicht die gefürchteten Krankheiten. Somit kann man das Thema hier knicken.
AntwortenLöschenDas wurde schon 2008 als erledigt angesehen. Man hat Plastik verkauft und die Tiere hatten natürlich Zecken. Es sah auch nicht lange schön aus und es war in vielen Einzelteilen. Einmal hinter den Ohren kratzen und schon war die schöne Pracht hinüber. Habt ihr in Uruguay eine neue Welle von dem Quatsch? Finger weg, bringt nichts.
AntwortenLöschenEric
Hola Eric...die Uys wissen bestimmt nichts davon. Es sind wieder Deutsche die alles besser wissen. Der Ansatz für Alternativen ist schon gut, da Frontline mehr kostet als ein Halsband und auf die Dauer nicht hilft. Nur ist das kein Thema hier, da man die Zecken einfach absammeln kann. Genre..harmlos. Aber es gibt andere Parasiten. Da wäre eine harmlose Alternative echt gut. Gegen Flöhe habe ich noch nie was gefunden.
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