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Samstag, 25. Mai 2013

Süße Kätzchen, liebe Kätzchen




Es kam der November und somit die ersten richtigen Regenfälle. Die Bauern freuten sich über jede Husche, da das Vorjahr sehr trocken war. Der Stausee hatte die Dächer, des sonst überfluteten Dorfes, freigegeben. Die Pflanzen konnten wieder aufatmen, der Dreck wurde von den schlaffen Blättern gespült und sie richteten sich sichtbar auf. Die lange Durstphase saugte sich voll Wasser.
Nur in unserem Patio hielt sich die Freude in Grenzen. Der erste nächtliche Regenguss lies die kleinen Kätzchen ruckzuck in der Kälte zittern. Es war so dunkel, dass wir Mühe hatten überhaupt was zu sehen. Wir holten sie ins Haus. „Mach ja die Schlafzimmertür zu!“ maulte Herr Difi „ich will mich im Bett noch bewegen können.“ Und trottete wieder zu seiner leeren Schlafstätte. „Aber natürlich mein Liebling“, säuselte ich zurück, einfach froh die Kleinen im Trockenen zu haben. Ich rubbelte alle mit einem Handtuch, Marke „warsowiesohinüber“, trocken. Auch der Hundefloh wurde ausgiebig frottiert, obwohl sie gar nicht draußen war. Als ich mich ein paar Stunden später ins Wohnzimmer schlich, lagen alle 5 auf dem Sofa. Floh war von Katzenfellen zugedeckt und gönnte mir gerade mal ein Auge.




Von nun an stand der Innenhof wieder allen zur Verfügung. Das Katzenklo wanderte Schritt für Schritt in den Keller. Es klappte prima, obwohl die Weinflaschen in echte Gefahr kamen, da die Toilette stufenweise im Weg stand. Je nach Alkoholpegel des Weintransporters, eine riskante Sache für das gute Tröpfchen. Der Schwierigkeitsgrad erhöhte sich zum Nervenkitzel, wenn eine Katze die Kiste auch noch benutzte. Trotzdem landete die Toilette nach ein paar Tagen weit weg von unseren Nasen, ohne das eine Weinflasche oder WIR irgendwo gelandet waren.
Es fiel uns beim Überklettern des Katzenstreus auf, dass eigentlich nur Gamasche die Örtlichkeit benutzte. Als wenn ihm der Garten zu schmutzig wäre. Wir hatten schon von straßenreinen Katzen gehört, aber man muss es erleben, wie dieser kleine Kater in letzter Sekunde einen Gang zulegt, um schnell zur Kiste zu kommen. Man sieht ihm regelrecht seine Not an. Und dann wird minutenlang gescharrt, ein echter Materialtest. Das saugfähige Klumpstreu befand sich dann größtenteils im gesamten Keller, statt in der Toilette.

Der Winter ist gleichzeitig Gartenzeit. Es wird geschnitten, befestigt, repariert, überprüft und neu angepflanzt. Die Kartoffeln kommen in die Erde, die ersten Kräutersamen werden vorgezogen und man versucht zu experimentieren. Diesmal stand Ananas auf dem Programm. Da soll es einige Schwierigkeiten mit der Kultivierung geben. Das Substrat sollte durchlässig und leicht sauer sein, Wasser nicht so kalkhaltig, Sonne satt und es darf nicht unter 20° Grad Celsius sinken, sonst kriegt die Pflanze einen Schnupfen. Dabei wenig Wasser, am besten täglich leicht duschen und schwach düngen, da langsames Wachstum Vorraussetzung für eine Fruchtbildung ist.
Da könnte man schon die Gartenschippe schmeißen. Mein Boden ist lehmhaltig und voller Steine. Das Wasser besteht aus Kalk und höchstens ich bin leicht sauer darüber. Es gibt zwar Sonne satt, aber auch Monate mit Temperaturen unter 20° .
Es gibt ja Töpfe, die man überall mitschleppen kann. Im Geiste sah ich mich schon mit Wandertöpfen duschen, den besten Sonnenplatz aussuchen, sie in die Nähe des Kamins stellen und täglich ein Liedchen zum Wohlfühlen trällern.
Das sahen die Tiere anders!
Als erstes musste ich mich daran gewöhnen, dass alles nur noch im Konvoi ging. Wohin ich mich auch bewegte, alle trotteten mit. Floh betätigte sich als Katzenschäferhund, falls doch mal eine weiter ins Gelände stapfte. Dabei perfektionierte sie die Technik „Katzen am Hinterbein zurückziehen“ dermaßen, dass die kleinen Ausreißer schon vorher um Hilfe schrieen. Nur wenn die Halbstarken in den Mandelbäumen turnten, hatte die Hündin schlechte Karten. Diese pfiffige Kerlchen hatten schnell raus, das Floh mit Bäumen leichte Probleme hatte, auch wenn sie sich noch so bemühte. Wütend bellte die Dame den Baum an und oben quietschten die Biester vor Vergnügen. Da ich automatisch, wenn’s zu bunt wird, in die Hände klatsche, egal was ich gerade halte, lernten die Kleinen sehr schnell Flohs Gebell als „Kommsignal“ zu interpretieren. Das war zum großen Vorteil für das abendliche ins Haus Locken. Flohs neue Aufgabe wurde voller Hingabe erledigt. Allerdings aus dem Locken wurde eher eine Treibjagd. Als erster kam Tigger, freiwillig. Wir hatten schon länger den Verdacht, das der Kater glaubte er sei ein Hund. Tigger schnupperte zur Begrüßung an Flohs Hinterteil, lief mit ihr die Wege ab und stand mutig an vorderster Front, wenn Floh anschlug. Die anderen drei mussten schon mal mit der berühmten Hinterbeintechnik überredet werden. Besonders Gamasche hatte alle Zeit der Welt und schlenderte oft verträumt Schritt für Schritt genüsslich ins Haus. Selbst Floh hielt sich bei Gamasche etwas zurück, da dieses Tier einen anschauen konnte als wollte man seinen Fellfrack beschädigen. Dabei klatschte ich mir die Hände wund und brüllte: „Tapa“!!! „Zähle lieber die Häupter deiner Lieben. Bei dem Geschrei kommen vielleicht ein paar mehr mit ins Haus.“ griente Herr Difi und bereitete einige Leckerbissen für die Bande vor.
Draußen regnete es wieder und jeder verkroch sich in irgendeine Ecke um sich glücklich einzurollen. Etwas später unterbrach mich Herr Difi bei einem Schnulzenfilm:“ Schau dir das an, alle Katzen sind in unserem Bett!“ „Och wie süß“! noch voll mit den Gedanken beim Film. “Nichts da süß“ raunzte er zurück, „raus hier!“ Ich sammelte die Schmusekätzchen ein und verschloss die Tür. Es dauerte keine Minute und ich lag zufrieden auf der Couch mit allen Tieren und glotzte den Film weiter.
Der nächste Tag war nicht so lustig.
Ich machte den gewohnten morgendlichen „GKG“ Grundstückkontrollgang mit einem Pott Kaffee in der Hand, hinter mir 4 Katzen und vor mir der Hund. Floh kannte die Runde und lief vor. Am Gemüsebeet blieb sie stehen und wartete auf uns. Ich traute meinen Augen nicht. Das Beet war total verwüstet. Die Kartoffeln waren zum Teil ausgebuddelt, die angelegten Reihen zerstört und der Mangold lag in Fetzen auf dem Boden.
Seltsamerweise war keines der Tiere irritiert oder verhielt sich anders als sonst. Also mussten sie die Vandalen kennen.
Menschen konnte ich ausschließen. Bei einem Wildschwein oder Fuchs hätte Floh angeschlagen und alle wären unruhig. Die Katzen setzten sich im Kreis um mich, legten ihre Schwänze fest um ihre Körper und sahen mich erwartungsvoll an. Es konnten eigentlich nur Hunde oder Katzen aus der Nachbarschaft sein, da alle um mich herum total relaxed meine laut formulierten Gedankengänge verfolgten.
„Liebling?“ hallte es vom Balkon und unterbrach meine kriminologischen Kombinationen. „Wo hast du den Kaffee versteckt?“ „Der steht da, wo er immer steht, Liebling!“ rief ich gereizt zurück. Herr Difi könnte mit der Nase in den Kaffeebohnen liegen und würde immer noch danach schreien. „Ach ja mein kleiner Liebling“, tönte es als würde eine pointierte Gemeinheit vorbereitet, „Hier liegen zerfledderte Pflanzen-Büschel herum. Sieht so aus als müsstest du dein Versuchsobjekt: Ananas, verschieben“. Dabei rieb sich Her Difi die Hände und flötete: „Süße Kätzchen, Liebe Kätzchen, fein gemacht.“
So schnell es ging lief ich zum Haus. Schon am unteren Eingang sah ich die Umgekippten Wandertöpfe, die ich zum Sonnenbaden ans Fenster gestellt hatte. Diesmal konnte ich keine Nachbarkatzen zur Verantwortung ziehen. „Ooch guck mal wie niedlich. Hund und Katzen sind ein eingespieltes Team, “ sagte Herr Difi und zeigte in die Richtung Gemüsebeet. Ich hielt gerade ein kümmerlichen Rest Ananasbüschel in der Hand, und sah mehr in die Richtung ohne zu sehen. Tropfenweise setzten sich die Bilder um, die von Herrn Difi mit „Süße Kätzchen, Liebe Kätzchen“, kommentiert wurden. Dann begriff ich! 20 Pfoten gruben und buddelten genüsslich den Boden um. 5 Mäuler zerrten an dem Gemüse. Töpfe wurden zum rollenden Spielzeug und die kostbare Humuserde flog in alle Himmelsrichtungen.
Mein Wutausbruch prallte am Gebirge ab und verflog bis nach Afrika.
Der erste Bauer, der schrittweise an unserem Haus vorbei fuhr, erwartete mindestens eine Männerleiche. Ich winkte nur gequält zurück, umgeben von niedlichen Haustierchen. „Heute gutes Echo!“ zischte Herr Difi mir in den Nacken. Ich winkte bis der Wagen verschwunden war.
Seit wann können Haustiere reden?




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