Seiten

Sonntag, 3. Juni 2018

Uruguay trumpft mit langen Stränden, Mate-Tee und gutem Wein auf

Der Besuch der Unesco-Weltkulturerbe-Stadt Colonia del Sacramento ist ein Muss. Fotos: Christopher Schäfer
Das muss man sich rein ziehen. Ein Herr Schäfer macht eine Überschrift über er nicht wirklich berichtet.Von den langen Stränden kein Wort...Mate-Tee, wird zum Nuckelhit um Dulce de leche auzugleichen.Was ist "Verte" mit rollendem "R"? VERDE? Auch der Wein nur kurz angesprochen. Aber liest selbst.

Von Christopher Schäfer (auch Foto)
Grün. Will man Uruguay mit nur einer Farbe beschreiben, so kommt nur „Verte“ infrage, wie es die spanischsprachigen Einwohner mit einem rollenden „R“ aussprechen. Die saftige Vegetation fällt schon beim Anflug vom Norden ins Auge. Auch wenn man in den viel stärker besiedelten Süden des Landes am Río de la Plata kommt, verliert sich dieser Eindruck nicht. Und wer jetzt bei Grün an Erholung denkt, liegt genau richtig. Uruguay ist ein tiefenentspanntes Land, die berühmte Entschleunigung lässt sich hier finden. Auf einer Fläche, die etwa halb so groß ist wie Deutschland, leben nur 3,5 Millionen Menschen – so viele wie in Berlin. Dafür grasen und malmen viermal so viele Rinder auf den Weiden.


Entlang der Schnellstraße von der Hauptstadt Montevideo nach Colonia del Sacramento stehen die Tiere in vertrauter braun-schwarz-weißer Musterung auf den platten Weiden herum, im Hintergrund drehen sich einige Windräder: Der Gedanke an Norddeutschland drängt sich auf am anderen Ende der Welt – aber nein, da sind ja auch noch die Palmen und die Kakteen und das Gezwitscher von Vögeln, die eher nach Papageien als nach Amseln klingen. Colonia del Sacramento ist ein Muss für jeden Touristen. Die älteste Stadt Uruguays gibt Zeugnis über ein Land, das geprägt ist von vielen Generationen europäischer Einwanderer. Portugiesen und Spanier gewannen seit 1680 wechselweise die Macht über die Stadt am Ufer des Río de la Plate. Die Häuser mit historischem Anstrich in der Altstadt strahlen farbenfroh und sind gemeinsam mit den alten Kopfsteinpflasterstraßen Teil des Unesco-Weltkulturerbes. Museen, Cafés, Restaurants und jede Menge Souvenirläden bieten den Rahmen für einen Tagesausflug, der dennoch nicht den faden Beigeschmack aufkommen lässt, Teil eines Massentourismus zu sein.
Das Getränk mit dem silbernen Trinkröhrchen
Hektischer kommt da schon die Hauptstadt Montevideo mit ihren 1,3 Millionen Einwohnern daher. Der Eindruck kommt von den vielen Autos und Bussen, die den ganzen Tag über die 22 Kilometer lange „Rambla“ brausen. Die vierspurige Straße trennt die Stadt von den langen Badebuchten des Río de la Plata. Wer in die Altstadt eintaucht, wird belohnt mit palmenbewachsenen Plätzen voller Leben mit Kunsthandwerkerständen. In Hauseingängen und auf Bänken sind stets Uruguayos (gesprochen Uruguaschos) zu sehen, die aus einem Becher mit silbernem Strohhalm zu trinken scheinen. Bei näherer Begutachtung entpuppt sich der Strohhalm als Trinkröhrchen mit unten eingebautem Sieb („Bombilla“). Daraus nuckeln die Uruguayos permanent genüsslich ihren Mate-Tee – so, als könne sie nichts aus der Ruhe bringen. Eine beachtenswerte Leistung besteht darin, dass viele der Teetrinker auch im Laufen stets eine Thermoskanne unter ihren Arm geklemmt haben: Das heiße Wasser muss beim Mate nämlich nach und nach in den Becher gegossen werden. Alle Utensilien dafür gibt es in verschiedensten Ausführungen nachzukaufen. Zum Beispiel in Markthallen wie dem „Mercado Agrícola“, in dem neben „Alfajores“ (Gebäck mit der Creme „Dulce de Leche“) auch andere süße Leckereien angeboten werden. Die sollen im Übrigen in Kombination vom bitteren Mate-Geschmack ablenken. Ähnlich hübsch anzusehen ist der „Mercado del Puerto“. Dort duftet es nach Asado, gegrilltem Fleisch und Würsten aller Art, zubereitet auf meterlangen Grillrosten. Asado ist ein Brauchtum, ein Ritus, den nur wenige beherrschen. Das Wort „Grillmeister“ beschreibt bei Weitem nicht die göttliche Bedeutung, die einem „Asador“ im atheistisch geprägten Uruguay zukommt. Fußballfans können in Montevideo das erste WM-Finalstadion „Centenario“ mit Museum besichtigen, in dem die kleine Nation mit ihrer „Celeste“ selbst 1930 auch Weltmeister wurde. Im nationalen Fußball dominieren die Hauptstadtclubs Nacional und Penarol. Spielbesuche sollte man ohne Orts- und Sprachkenntnisse allerdings aus Sicherheitsgründen nicht alleine unternehmen, sondern nur in Verbindung mit Ortskundigen.
Nach einer halben Stunde Fahrt aus der Stadt heraus erreicht der Besucher eine Bodega. In den kleinen Weingütern gedeiht der „Tannat“, ein schwermütiger Rotwein aus meist per Hand gelesenen Trauben, der nirgends sonst auf der Welt eine solche Qualität hat. Das behaupten nicht nur die Uruguayos.
Wer den einsamen Urlaub in der Strandhütte schätzt, sollte sich an der Atlantikküste umsehen. Punta del Este, die Touristenhochburg, markiert die Stelle, an der der Río de la Plata in den Atlantik mündet. Dort verbringen nicht nur Reiche aus ganz Amerika zwischen Dezember und Februar ihren Sommerurlaub, sondern auch viele Brasilianer und Argentinier aus der Mittelschicht. Ein Grund für die Beliebtheit Uruguays bei Touristen ist die im lateinamerikanischen Vergleich niedrige Kriminalitätsrate. Um den Karneval in Montevideo kennenzulernen, der mit seinen farbenfrohen Kostümen, Tanz-, Musik- und Trommeleinlagen nur wenig mit der deutschen Fastnachtsvariante gemein hat, müssen Urlauber ebenfalls in der Hochsaison zwischen Januar und Februar anreisen. Ansonsten bleibt der Besuch des Karnevalsmuseums in der Hauptstadt. Auch März und November sind gute Reisezeiten, das Klima lässt sich mit Südeuropa vergleichen, die Regentage sind relativ gleichmäßig über das Jahr verteilt.
Die wenigsten Europäer werden sich alleine wegen Uruguay auf einen mehr als zwölfstündigen Flug nach Südamerika einlassen. Und wer einmal in der Region ist, darf ohnehin einen Besuch der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires am anderen Ufer des Río de la Plata nicht versäumen. Die Millionenmetropole mit ihren Häuserschluchten, den Baustellen und dem Verkehrslärm ist nicht unbedingt eine Schönheit auf den ersten Blick, aber die Stadt vibriert. Rund um die Uhr voller Leben und mit ihren Extremen zwischen Arm und Reich auf engstem Raum bedient Buenos Aires eine Sehnsucht nach Weltläufigkeit, die das kleine Uruguay nicht bieten kann und wahrscheinlich auch nicht will.
Wer Buenos Aires mit einem der Fährschiffe hinter sich lässt und Uruguay erreicht, kann durchatmen. Mit Blick auf die malmenden Rinder und das weite Grün lässt sich der Puls schnell wieder herunterfahren. Sogar Montevideo, die Millionenstadt, erscheint plötzlich überschaubar und beruhigend. Uruguay ist wie eine Entspannungspille, die gerade im Kontrast zu Buenos Aires ihre ganze Wirkung entfaltet – für Urlauber nicht gerade die schlechteste Eigenschaft eines Landes.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen