Die
Justiz in Venezuela hat die Rechtmäßigkeit der verfassunggebenden
Versammlung in Frage gestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte
am Donnerstag die Annullierung der Wahl zu dem umstrittenen Gremium, mit
dem Präsident Nicolás Maduro seine Macht sichern will. Die
Justizbehörde begründete den Annullierungsantrag vor Gericht mit dem
Verdacht auf Manipulationen bei der Wahl am Sonntag. Die
Verfassungsversammlung will sich am Freitag konstituieren.
Bereits
am Mittwoch hatte die Generalstaatsanwältin Luisa Ortega die Einleitung
von Ermittlungen gegen die regierungstreue Wahlkommission bekannt
gegeben. Ortega ist eine wichtige Gegenspielerin des
linksnationalistischen Staatschef Maduro, der den Vorwurf der
Wahlmanipulation zurückwies.
Ortega
geht dem Verdacht nach, dass die Wahlkommission die Zahlen zur
Wahlbeteiligung im Sinne der Regierung nach oben verfälscht habe. Die
Generalstaatsanwältin sprach im Sender CNN von einem "sehr skandalösen
Vorgang".
Die
Einleitung der Ermittlungen gegen die Wahlkommission begründete sie
auch mit den Einschätzungen des britischen Herstellers der
Wahlmaschinen, die bei der umstrittenen Abstimmung am Sonntag zum
Einsatz gekommen waren. Der Hersteller hatte am Mittwoch resümiert, dass
die Zahlen zur Wahlbeteiligung "ohne jeden Zweifel manipuliert" worden
seien.
Ortega
bezeichnete diese Einschätzung als "ein weiteres Element dieses
betrügerischen, illegalen und verfassungsfeindlichen Prozesses".
Präsident Maduro hatte die Vorwürfe der britischen Firma hingegen als
eine "Reaktion des internationalen Feindes" bezeichnet. Ähnlich
reagierte die regierungstreue Wahlbehörde.
Die
Einberufung der neu gewählten Versammlung, die dem Land eine neue
Verfassung geben soll, wurde zu einer Art Katz-und-Maus-Spiel von
Regierung und Opposition. Eigentlich hätte die Versammlung am Donnerstag
zusammentreten sollen; die Opposition rief für diesen Tag zu
Massenprotesten auf.
Maduro
verschob dann die Sitzung auf Freitag, damit sie "friedlich, ruhig und
entsprechend des nötigen Protokolls" stattfinden könne. Die Opposition
zog am Donnerstag nach und vertagte ihre Proteste ebenfalls auf Freitag.
Es gehe darum, "die Verfassung zu verteidigen", erklärte sie in einem
Protestaufruf.
Maduros
Gegner werfen dem Staatschef vor, er wolle diktatorische Vollmachten an
sich reißen. Sie wollen ihren Protestmarsch zeitgleich mit der
konstituierenden Sitzung der Verfassungsversammlung abhalten. Die neu
gewählte Versammlung soll das Parlament ersetzen, in dem Maduros Gegner
eine Mehrheit haben.
Laut
der Wahlbehörde hatten sich acht Millionen Menschen an der Wahl
beteiligt. Die Opposition hatte von nur 3,5 Millionen Teilnehmern
gesprochen. Die Wahlbeteiligung ist wichtig für die Legitimität der
Abstimmung zur verfassunggebenden Versammlung, denn die konservative
Opposition hatte zuvor ein Referendum gegen die Einberufung der
Versammlung abgehalten, an dem nach ihren Angaben 7,6 Millionen Wähler
teilgenommen hatten.
Seit
Anfang April wird das von einer schweren Wirtschaftskrise getroffene
Venezuela durch Unruhen erschüttert. Die Opposition kämpft für die
Absetzung Maduros. Im Verlauf der gewaltsamen Auseinandersetzungen
wurden bereits mehr als 125 Menschen getötet.
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