Seiten

Dienstag, 8. September 2015

Was uns Deutsche stolz machen kann




Das Helle Deutschland zeigt sich von seiner besten SeiteDas Helle Deutschland zeigt sich von seiner besten Seite
Züge mit Flüchtlingen kommen in Deutschland an. Und es herrscht Partystimmung. Darin birgt sich eine echte Chance, unser Land besser zu machen. Eine Hymne.
Von Jan Rübel
Zugegeben, dieser Sommer begann mies. Unsere Nachbarstaaten sahen in uns die hässlichen Deutschen, die auf ihrem Geld sitzen, vom Leid anderer profitieren und diese dann auch noch belehren – ohne selbst von der einen Hinterbacke auf die andere zu wechseln.



In der Griechenlandkrise haben wir uns als Zuchtmeister Europas stilisiert, obwohl uns Europa ziemlich egal schien. Der Schein war uns wichtig. Und entsprechend schimpften die anderen Europäer über uns.
Wie schnell kann sich ein Bild ändern. Im Zuge der Flüchtlingskrise lesen sich die Berichte über Deutschland weltweit plötzlich ganz anders.  „Herzerwärmend, menschlich, gütig und warm – das sind die Worte, mit denen man Angela Merkel und ihre Haltung in der Flüchtlingsfrage beschreiben kann“, schwärmt der britische „Guardian“. Und der dänische Sender Nyheder: „Während in Mazedonien und Ungarn Flüchtlinge mit Polizei und Tränengas begrüßt wurden, bekamen sie am Münchner Hauptbahnhof Jubel und Applaus und die Kinder erhielten Geschenke.“ Die spanische Zeitung „El Pais“ kommentiert:  „Länder wie Deutschland und Schweden verstehen, dass Integration der Schlüssel ist: Der Staat hat Interesse daran, dass Flüchtlinge die Sprache lernen, schnellstens einen Job finden.“ Aus den USA raunt die „Washington Post“: „In der Flüchtlingsfrage geht Deutschland mit gutem Beispiel voran (…) Binnen Wochen hat sich Merkels Image gewandelt: vom Hitler-Zerrbild der Griechen zu ‚Mama Merkel, Mutter der Verstoßenen‘.“ Und Bono, der Sänger von U2 und Urgestein des Gutmenschentums, adelt die Kanzlerin: „Merkel ist zum Symbol geworden für das Gewissen Europas. Noch vor Wochen waren die Deutschen wegen des Umgangs mit den Griechen in der Kritik. Jetzt zeigen sie sich offener und fortschrittlicher als alle anderen in Europa.“
Ein Graben tut sich auf
Das mag alles recht schnell gehen und erscheint übertrieben. Es sagt auch eine Menge über Medien aus und wie überhastet sie Trends erkennen oder zu erkennen meinen. Aber natürlich fällt der Kontrast auf, der sich gerade in Europa abzeichnet: Auf der einen Seite Länder, die sich nationalistisch und egoistisch gerieren – unfähig und unwillig, in Zeiten einer Krise die angemessene Politik zu vollziehen. Und auf der anderen Seite Länder wie Schweden und Deutschland, die sich öffnen. Die kapieren; von den Mittelmeerländern Griechenland und Italien ganz zu schweigen, die bisher die Hauptlast der Fluchtbewegungen zu tragen hatten.
Ganz deutlich zeigt sich, was Deutschland eben auch ist: Ein Land mit einer starken Zivilgesellschaft. So viele private Initiativen haben sich gegründet, so viele Menschen helfen spontan. So viele Herzen, die aus einem Impuls heraus antreiben. Die Züge mit den Flüchtlingen, die so viel Elend hinter sich ließen und mit der Flucht Unglaubliches erlebten – diese Züge mögen uns erinnern an die Trecks der Vertriebenen von 1945 oder an die Züge der DDR-Flüchtlinge im Sommer 1989. Die Trecks von 1945 waren Zeugnisse der Depression und Niedergeschlagenheit, der Traumatisierung. Die Züge von 1989 steckten voller Hoffnung. Nun zeigt sich die Chance, auch in den Zügen von heute eine Hoffnung zu sehen.
Wir Deutschen können uns leicht begeistern. Oft in die falsche Richtung und nicht selten unangemessen. Doch manchmal erwischen wir eine Welle, auf der wir ruhig noch eine Weile weiter surfen sollten: Wer Neuankömmlinge so begrüßt wie in den vergangenen Tagen, der sorgt für die Zukunft. Und deshalb ist zu wünschen, dass es beim Begrüßen nicht bleibt. Dass die Kärrnerarbeit des Alltags gemeinsam bestritten wird. Und dass der Staat jetzt unbürokratische Lösungen sucht und ergreift.
Helfen ist selbstverständlich
Denn der eitel Sonnenschein, in dem wir uns gerade räkeln, ist nur die eine Seite der Medaille. Dass wir Flüchtlinge jetzt großzügig aufnehmen, ist keine großartige Tat, sondern eine Selbstverständlichkeit. Deutschland ist ein reiches Land, gemessen an seinen Nachbarn. Deutschland hat sich seit vielen Jahren einen schlanken Fuß gemacht und mit dem Schengener Abkommen dafür gesorgt, dass Asylbewerber gar nicht erst Deutschland erreichten – denn sie wurden gezwungen, ihren Asylantrag dort zu stellen, wo sie zuerst EU-Boden betreten hatten; und das ist natürlich mehr an den Außengrenzen. Und schließlich ist Deutschland auch ein Stück weit mitverantwortlich für Flüchtlingskrisen wie in Syrien. Wir schauen seit Jahren weg und lassen den Bürgerkrieg geschehen. Vermeintliche Freunde wie Saudi-Arabien und Qatar, oder Ägypten und Türkei, lassen wir ihr schmutziges Werk verrichten – wir wollen sie ja nicht verprellen. Und selbst „Nichtfreunde“ wie Iran geben wir keine klare Ansage zu seinem Engagement in Syrien an der Seite des Diktators Assad.
Solange wir also so reich sind, solange wir bisher Andere die Drecksarbeit verrichten lassen, solange wir keine verantwortliche Außenpolitik zulassen – solange ist die Aufnahme von Flüchtlingen ein logischer Schritt. Vom Gebot der Nächstenliebe ganz zu schweigen.

4 Kommentare:

  1. Gott sei Dank, dass es auch noch andere Meinungen dazu gibt. Ein englischer Sozialwissenschaftler betrachtet dieses Verhalten wie eine Hippieveranstaltung oder ein Freizeitevent. Mal abwarten, was diese Leute sagen, wenn sie erst einmal den Ruf des Muezin hören und beten müssen.

    AntwortenLöschen
  2. Gott sei Dank, dass es Deutsche sind die in der Mehrheit positiv denken. Sie haben keine Angst vor anders denkenden oder aussehenden Kulturen. Dieser Deutschlandklecks auf der Weltkarte kann echt stolz auf sich sein. Menschlichkeit und Solidarität sind echte Werte. Aber wenn einem das nicht gefällt ..es gibt im Moment eine Spitzenadresse. Ungarn. Schätze das man noch für den Rest des Landes Stacheldraht sponsern könnte, damit die Andersdenkenden unter sich bleiben können.

    AntwortenLöschen
  3. Difi, dass ist der Knackpunkt..Sie waren isoliert. Diese Länder hatten keinen Zugang zu anders Denkende gehabt. Sie verwechseln den Islam mit IS. Übersehen dabei, dass die christliche Kirche gerade in jüngster Vergangenheit echt gepatzt hat und hören nicht mal auf den wundervollen Papst. Schätze werden viele Menschen keine Lust mehr haben Ungarn zu besuchen oder zu helfen, wenn bei denen was passiert. Der Zaun der Isolierung ist nicht nur an der Grenze sondern in den Köpfen.

    AntwortenLöschen
  4. Bin froh, dass die Hilfsbereitschaft besteht. Hut ab vor allen kleinen Helferlein. Sie sind die Sterne der Hoffnung.

    AntwortenLöschen