Mittwoch, 3. Juli 2013
Flüchtiger Snowden sorgt für diplomatische Verwicklungen
Bolivianische Präsidentenmaschine in Europa aufgehalten
Der Fall des flüchtigen früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden hat zu neuen diplomatischen Verwicklungen im Stil eines Agentenkrimis gesorgt. Mehrere EU-Länder verweigerten in der Nacht zum Mittwoch dem aus Moskau kommenden Flugzeug von Boliviens Staatschef Evo Morales den Überflug, woraufhin die Maschine in Wien zwischenlanden musste. Das Gerücht, Snowden könnte an Bord sein, führte dazu, dass die Reise bis gegen Mittag unterbrochen war.
Boliviens Außenminister David Choquehuanca gab an, Frankreich und Portugal hätten ihren Luftraum für die Präsidentenmaschine gesperrt und nannte das Gerücht über Snowdens Mitreise eine "enorme Lüge". Nach Angaben von Boliviens Verteidigungsminister Ruben Saavedra, der Morales begleitete, verboten auch Italien und Spanien den Überflug.
Das österreichische Außenministerium erklärte nach der Landung in Wien zwar rasch, dass Snowden nicht an Bord der Maschine sei. Es dauerte jedoch Stunden, bis die bolivianische Regierung mitteilte, Paris und Lissabon hätten ihren Luftraum wieder freigegeben.
Am Vormittag sagte Morales in Wien, es gebe weiterhin Probleme mit Spanien, das schließlich aber die Überfluggenehmigung erteilte. Am Mittag startete die Präsidentenmaschine dann Richtung Heimat.
Boliviens Botschafter in Frankreich, Jean-Paul Guevara, sagte, die Überfluggenehmigung für Frankreich sei "zurückgezogen" worden, als sich die Maschine "wenige Minuten vom französischen Luftraum" entfernt befunden habe. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums sagte lediglich, es sei eine Genehmigung erteilt worden, ohne weitere Details zu nennen.
Morales hatte sich bis Dienstag in Moskau aufgehalten, wo Snowden wohl seit mehr als einer Woche im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo festsitzt. Er beantragte in mehr als 20 Ländern Asyl, darunter auch in Deutschland. Berlin lehnte das Gesuch am Dienstag aber ab.
Österreichs Innenministerium gab an, die Maschine des bolivianischen Präsidenten sei in Wien mangels rechtlicher Grundlage nicht durchsucht worden. Die Pässe aller Insassen seien aber kontrolliert worden. Snowden sei nicht an Bord gewesen, hieß es erneut. Morales sagte, er habe abgelehnt, mit dem spanischen Botschafter in Wien die Maschine zu inspizieren beziehungsweise dort gemeinsam "einen Kaffee" zu trinken.
Snowden wird von den USA wegen Spionage per Haftbefehl gesucht. Er enthüllte Überwachungen europäischer Bürger und Institutionen durch den britischen und den US-Geheimdienst. Der 30-Jährige beantragte auch Asyl in Bolivien, das ein gespanntes Verhältnis zu Washington pflegt. Zu dem Antrag sagte Morales, dieser werde "debattiert und berücksichtigt".
Boliviens Führung zeigte sich über die gesamte Angelegenheit zutiefst verärgert. Außenminister Choquehuanca erhob den Vorwurf, Morales' Leben sei in Gefahr gebracht worden. Die bolivianische Botschafterin in Deutschland, Elizabeth Salguero, beklagte im Rundfunk Berlin-Brandenburg, die Souveränität ihres Landes sei verletzt worden.
Der Gründer des Internetenthüllungsportals Wikileaks, Julian Assange, appellierte indes an Deutschland und Frankreich, Snowden aufzunehmen. Ihm müsse "der bestmögliche Empfang" bereitet werden, "unter welchem Status auch immer", schrieb Assange in einem Beitrag für die französische Tageszeitung "Le Monde". Assange selbst sitzt seit einem Jahr in Ecuadors Botschaft in London fest.
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