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Donnerstag, 21. April 2016

Rousseff bläst nach Votum für Amtsenthebungsverfahren zum Gegenangriff

Nach dem Votum des Abgeordnetenhauses für ein Amtsenthebungsverfahren bläst Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff zum Gegenangriff. Sie warf ihren Gegnern am Dienstag eine "Verschwörung" vor, die "das Fundament der Demokratie zerbricht" und keine politische Stabilität bringe. Nach dem Unterhaus muss nun bis Mitte Mai der Senat abstimmen - dann könnte Rousseff zunächst für bis zu sechs Monate suspendiert werden.

 
Am Sonntag hatten mehr als zwei Drittel der Kongressabgeordneten für den Beginn eines Amtsenthebungsverfahrens gestimmt. Rousseff wird vor allem vorgeworfen, Haushaltszahlen geschönt zu haben, um vor der Wahl 2014 ihre Chancen zu verbessern. Doch hätten ihre Gegner keine Beweise für Straftaten vorgebracht, die ein Amtsenthebungsverfahren rechtfertigten, hielt sie entgegen.
Das Votum vom Montag sei "nicht der Anfang vom Ende", sondern "der Beginn des Kampfes" um ihren Amtsverbleib, sagte die linksgerichtete Präsidentin und wies darauf hin, dass ihre Vorgänger allesamt beim Haushalt getrickst hätten, niemand von ihnen deshalb aber belangt worden sei. Sie bekräftigte, dass sie keiner persönlichen Bereicherung angeklagt sei und auch keine "Konten im Ausland" besitze.
Damit spielte die 68-jährige einstige Guerilla-Kämpferin auf Parlamentspräsident Eduardo Cunha an, einen Vertreter der bis vor kurzem mit ihr verbündeten Zentrumspartei PMDB, der der Korruption beschuldigt ist. Er setzte sich über Monate hinter den Kulissen für Rousseffs Amtsenthebung ein.
Cunha übergab am Montag den vom Parlament ratifizierten Antrag auf die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens an Senatspräsident Renan Calheiros. Forderungen von Cunha und anderen Oppositionspolitikern, das Verfahren zu beschleunigen, erteilte Calheiro eine Absage. Das Verfahren werde seinen rechtmäßigen Weg gehen, sagte der ebenfalls unter Korruptionsverdacht stehende PMDB-Politiker.
Im Senat reicht eine einfache Mehrheit, um Rousseff bis zu einer endgültigen Entscheidung über ihr Schicksal für die Dauer von bis zu sechs Monaten vom Amt zu suspendieren. Für Rousseffs endgültige Amtsenthebung ist dann in einer weiteren Abstimmung eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Sollte sie suspendiert werden, würde ihr Stellvertreter Michel Temer automatisch an die Spitze Brasiliens rücken. Der 75-jährige bislang wenig bekannte Chef der PMDB führt bereits Konsultationen für die Bildung einer Übergangsregierung. Anhänger der Präsidentin weisen darauf hin, dass Temer ebenfalls die Amtsenthebung drohen müsste, da er Rousseffs Politik stets mitgetragen habe.
Knapp hundert Tage vor Beginn der Olympischen Sommerspiele steuert das Chaos in Brasilien somit einem neuen Höhepunkt zu. Bereits seit rund 14 Monaten ist das Land politisch gelähmt, zudem leidet es unter der gigantischen Korruptionsaffäre um den staatlichen Ölkonzern Petrobras und der schlimmsten Rezession seit Jahrzehnten.
Die Wirtschaft, die auf eine ihr freundlicher gesinnte Regierung hofft, fordert rasche Entscheidungen, um das Land wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Brasiliens Bevölkerung ist jedoch tief gespalten. Sollten Rousseff und ihre Arbeiterpartei tatsächlich per Amtsenthebung die Macht verlieren, rechnen politische Beobachter mit Massenprotesten ihrer Anhänger.

 Yahoo Nachrichten

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