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Dienstag, 3. September 2019

Urlaub mit Hurrikan „Dorian“ : „Sehen Sie das als Abenteuer“



  • Von Anna-Sophia Lang, Miami

Dunkle Wolken über Miami – ein schlechtes Omen? Bild: Anna-Sophia Lang
Krisengebiet statt Sunshine State? Während des Florida-Urlaubs unserer Autorin rüsten sich die Einwohner für Hurrikan „Dorian“ und vernageln Fenster und Türen. Eindrücke aus Miami.

Wie steht es um den Hurrikan? Als wir am Donnerstagnachmittag in unserem Hotel in Miami ankommen, ist das unsere erste Frage. Kurz vor dem Abflug am Frankfurter Flughafen haben wir von anderen Passagieren gehört, dass der Sturm, der zu dem Zeitpunkt schon auf die Ostküste von Florida zurollt, immer stärker wird, und dass der Gouverneur bereits den Notstand ausgerufen hat. Die Rezeptionisten versuchen uns zu beruhigen: Man müsse abwarten, wie sich der Sturm entwickle, sie würden uns Bescheid sagen, falls wir evakuiert werden. Evakuiert? Da wird uns, nur Minuten nach unserer Ankunft im Traumziel Miami klar, was da womöglich auf uns zu kommt. Krisengebiet statt Sunshine State – dass Hurrikansaison in Florida ist, hatten wir gewusst. Aber dass sich ausgerechnet in unserer Urlaubswoche über dem Atlantik etwas so Gefährliches zusammenbraut, verunsichert uns.


Fast nichts los auf den Straßen: Die Einwohner Miamis rüsten sich stattdessen für „Dorian“.



Fast nichts los auf den Straßen: Die Einwohner Miamis rüsten sich stattdessen für „Dorian“. : Bild: Anna-Sophia Lang
Anna-Sophia Lang
Anna-Sophia Lang
Freie Autorin in der Rhein-Main-Zeitung.
In den nächsten Tagen wird der Weather Channel unser ständiger Begleiter. Was wir sehen, bereitet uns Sorgen: Zu dem Zeitpunkt rechnet das National Hurrican Center damit, dass das Zentrum von „Dorian“ auf die Küste etwas nördlich von Miami prallen wird – als Hurrikan der Kategorie vier mit riesiger Zerstörungskraft. Am Freitagmorgen tritt der Gouverneur vor die Kameras und drängt die Bevölkerung, sich auf das Schlimmste vorzubereiten. Man solle sich mit Wasser und Lebensmitteln für eine Woche eindecken und die Autos volltanken, damit man im Zweifelsfall so schnell wie möglich wegkommt.
Die Fernsehsender zeigen Bilder von langen Schlangen vor Supermärkten, an Tankstellen und an Baumärkten. Die Behörden verteilen Sandsäcke. Mit einem mulmigen Gefühl machen wir uns auf den Weg in die Stadt, um zu frühstücken. Die Stimmung ist gedrückt. Wir hören, dass es deutlich leerer auf den Straßen ist als sonst. Frühmorgens hat es stark gewittert, das erscheint uns als ein schlechtes Omen. Durch die tiefen Pfützen, die sich in Miami Beach gebildet haben, fahren mit Spanplatten beladene Lastwagen. Später sehen wir, wie damit Gebäude zugenagelt werden. Während wir noch frühstücken, messen Handwerker hinter uns Türen und Fenster aus.

„Atmen Sie nicht zu früh auf“

Im Fernsehen überschlagen sich Meteorologen mit drastischen Appellen, es gibt kein anderes Thema. Ist das amerikanisch-emotionale Übertreibung oder ist die Lage wirklich so ernst? Sollten wir versuchen, so schnell wie möglich wegzukommen? Wir telefonieren mit der Fluggesellschaft. Niemand weiß in diesem Moment, wie lange der Flughafen überhaupt offen bleiben wird. Miami ist Anlaufpunkt für viele Kreuzfahrtschiffe, und wenn deren tausende Passagiere wegen des Hurrikans von Bord gehen und an den Flughafen gebracht werden, wird Chaos ausbrechen, heißt es.

  Ein Satellitenbild zeigt den Tropensturm „Dorian“, der sich langsam auf das amerikanische Festland zubewegt.


Auch unter Touristen und Einheimischen ist „Dorian“ das einzige Thema. Jeder spekuliert, jeder interpretiert die stündlichen Updates, jeder hat eine Meinung. Am fast leeren Hotelpool erzählt ein Amerikaner, er habe gehört, es werde alles gar nicht so schlimm. „Ich warte jetzt ab und mache mir solange eine gute Zeit“, sagt er. Die Kellner bei „Joe’s Stone Crab“ in South Beach diskutieren, welche Stärke der Hurrikan wohl noch erreichen wird. Eins ist klar: Wegen des Hurrikans soll das beliebte Restaurant ab dem nächsten Tag geschlossen werden. Eine Uber-Fahrerin erzählt uns, während wir an immer mehr zugenagelten Gebäuden vorbeifahren, dass sie sich am Nachmittag schon mit 90 Litern Wasser eingedeckt hat. Aber sie lacht und sagt uns, wir sollen uns keine Sorgen machen. Seit 15 Jahren lebe sie in Miami und habe so manchem Sturm getrotzt. „Meine Tochter ist aus London zu Besuch und hat Angst, aber ich habe ihr gesagt, sie soll das hier als Abenteuer sehen.“ Das empfiehlt sie uns auch zum Abschied. Und: „Passt auf euch auf.“
Für alle Fälle sind die Einwohner aufgerufen, sich mit Vorräten für eine mindestens Woche einzudecken – das bedeutet: Vor allem haltbare Lebensmittel sind gefragt. 



Vorbereitungen auf „Dorian“ : Lebensmittel für mindestens sieben Tage
Ein anderer Fahrer sagt uns, wenn wir im Hotel sind, müssten wir uns keine Sorgen machen. Dann würde sich um uns gekümmert. „Eine Sache könnt ihr aber fragen, um ganz sicher zu sein: Ob das Hotel einen Generator hat.“ Es hat keinen. Aber es gebe einen in der Nähe, sagt der Rezeptionist. Unser Vertrauen weckt das nicht. Im Fall einer Evakuierung, erklärt uns seine Kollegin, würden wir in ein Evakuierungszentrum gebracht. Eine Kirche oder ein Business Center, je nachdem, was als sicher deklariert wird.
Am Samstag sieht es so aus, als würde „Dorian“ doch weiter nördlich verlaufen als zunächst angenommen. Miami könnte mit stürmischen Böen und Überschwemmungen davonkommen. Im lokalen Fernsehen macht sich leichter Optimismus breit. „Aber atmen Sie nicht zu früh auf. Hurrikans können unberechenbar sein.“ Wir beschließen, erstmal zu bleiben. Jetzt heißt es abwarten – und das Beste hoffen.

Frankfurter Allgemeine

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