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Freitag, 31. März 2017

Proteste gegen Venezuelas Präsidenten Maduros Machtkampf


Abgeordnete sprechen von einem Staatsstreich, die Regierungen weltweit sind beunruhigt: In Venezuela spitzt sich die Lage nach der Entmachtung des Parlaments zu. Die Opposition hat zu Massenprotesten aufgerufen.  

Venezuela: Kampf um die Demokratie

Der Abgeordnete Miguel Pizarro führt eine Demonstration an: "Wir müssen unsere Rechte einfordern", sagt er.


Am Freitagmorgen geht auf einer der wichtigsten Straßen in Caracas nichts mehr. Wo sich sonst Autos durch die Hauptstadt von Venezuela schieben, stehen nun aufgebrachte Menschen. Sie sind wütend und besorgt - die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichts ist für sie ein weiterer Beleg für die politische Richtung, in die Präsident Nicolás Maduro ihr Land aus ihrer Sicht steuert: eine Diktatur.
Das Oberste Gericht hat das Parlament entmachtet und die Position des umstrittenen sozialistischen Präsidenten noch weiter gestärkt. Nur eine Entscheidung einer Reihe von Änderungen, die die Opposition schwächen. Erst wenige Tage zuvor war die Immunität der Abgeordneten aufgehoben worden.
Oppositionelle sprechen mittlerweile von einem "Staatsstreich". "Das ist nicht irgendein Urteilsspruch. Die Entscheidung markiert einen Punkt auf dem Weg zur Diktatur, an dem es kein Zurück mehr gibt", warnt Freddy Guevara, der Vize-Parlamentspräsident.

Widerstand juristisch ausschalten  


Aus der Wirtschaftskrise des Landes ist längst eine politische geworden: Die Opposition macht die Regierung Maduro für die Zustände im Land verantwortlich, seit Monaten kämpft sie für eine Volksabstimmung über die Amtsenthebung des Präsidenten und fordert Sanktionen. Deshalb ist es auch für die Opposition keine Frage, wer hinter der Entscheidung des Gerichts steht. Der Präsident habe die Anweisung zu diesem skandalösen Urteil gegeben, sagte Parlamentspräsident Julio Borges: "Jetzt hat Maduro alle Macht." Ihr Widerstand soll juristisch ausgeschaltet werden.
Für die Menschen verschlimmert sich die Lage fast täglich. Medikamente, Nahrungsmittel, all das ist seit Jahren knapp, nirgends ist die Inflation derzeit höher. Nun wird auch die politische Lage immer instabiler. "Wir müssen unsere Rechte einfordern", sagt Miguel Pizarro, der für das Oppositionsbündnis "Mesa de la Unidad" im Parlament sitzt und nun Demonstranten auf der Straße anführt. Noch ist die Gruppe klein, doch die Opposition hat landesweit mobilisiert, für das Wochenende sind Massendemonstrationen angekündigt. Es könnten die heftigsten Proteste seit Langem werden.


Die Preise steigen
Inflationsrate in Prozent
2010201120122013201420152016201702505007501000125015002010 Inflationsrate: 28%
Quelle: Internationaler Währungsfonds | 2016 und 2017: Progno 


"Maduro macht Bevölkerung zur Geisel seiner Machtambitionen"
Weltweit teilen Regierungen die Sorge der Opposition. Das US-Außenministerium sprach von einem "schweren Rückschlag für die Demokratie in Venezuela". Und auch die deutsche Regierung wurde am Freitag sehr deutlich und forderte Maduro auf, "dringend zu demokratischen Strukturen zurückzukehren". "Es ist unerträglich, wie Präsident Maduro die Bevölkerung seines Landes zur Geisel seiner eigenen Machtambitionen macht", sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert.
Auch in den südamerikanischen Nachbarländern ist man angesichts des "Selbstputsches des Staates", wie es der Präsident der Organisation Amerikanischer Staaten nannte, besorgt. Peru zog seinen Botschafter ab, Kolumbien und Chiles Diplomaten reisten zu Beratungen in ihre Heimatländer. Die Mitglieder der OAS kamen zu einer Notfallsitzung zusammen - insgesamt das dritte Treffen der Gruppe in dieser Woche zu Venezuela. Wieder verurteilten sie danach das Vorgehen des Präsidenten. Doch konkrete Pläne, Maduro zur Verantwortung zu ziehen, gibt es nicht.
Der Präsident selbst tat indes erst einmal so, als wäre nichts passiert. Er traf sich am Donnerstag mit dem Botschafter Saudi-Arabiens, philosophierte über eine neue Welt. Kein Wort zur folgenreichen Gerichtsentscheidung. Erst einen Tag später reagierte seine Regierung auf die Vorwürfe. Von einem Staatsstreich könne keine Rede sein, "im Gegenteil": Die staatlichen Institutionen hätten "legale Korrekturen vorgenommen", um das "Abweichen" der parlamentarischen Opposition von den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs aufzuhalten.
Und auch auf die internationale Kritik hatte die Regierung in Caracas eine Antwort - in ihrer ganz eigenen Logik: Das sei ein "Angriff rechter und proimperialistischer Regierungen", der von den USA gesteuert werde.
Mit Material von Nachrichtenagenturen

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