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Samstag, 28. Juni 2014

HINTERGRUND: Suarez-Sperre empört Uruguay

Trainer attackiert Fifa


Die Menschen in Rio de Janeiro nehmen die ganze Angelegenheit mit Humor. Seit der Uruguayer Luis Suárez bei der WM seinen Gegenspieler gebissen hat, lassen sie sich an der Copacabana mit den dort häufig anzutreffenden Werbeplakaten eines Sportartikel-Unternehmens fotografieren, das Suárez mit gefletschten Zähnen zeigt. Und so beißt der Stürmer jetzt auf Hunderten Handy-Bildchen imaginär in Arme, Beine, Köpfe und so weiter. Ein Spaß, mehr nicht.
Wie ernst die Sache für andere ist, machte Uruguays Trainer Óscar Tabárez vor dem WM-Achtelfinale gegen Kolumbien klar, das der zweimalige Weltmeister nach dem Ausschluss von Suárez ohne den Stürmerstar bestreiten musste. Der 67-Jährige betrat am Vorabend der Begegnung den Pressekonferenzraum des Estádio do Maracanã und machte ein Gesicht, als müsste er vom Tod eines engen Angehörigen berichten. "Sehr berührt" habe die Strafe der FIFA das gesamte Team, sagte Tabárez, und wer ihn dabei sah, glaubte ihm das sofort.
Tabárez hatte seine Erklärung vorbereitet, er las sie zum Teil von einem mitgebrachten Schriftstück ab. Und doch hielt er immer wieder inne, weil ihn diese ganze Angelegenheit unendlich viel Kraft kostete. "Maßlos", nannte er die Strafe des Disziplinarkomitees der FIFA. Das Gremium habe seine Macht "auf diskriminierende Weise missbraucht und aus Suárez einen "Sündenbock" gemacht. "Dabei wird vergessen, dass es sich hier um einen Menschen handelt."



Aus Protest gegen das Urteil, das noch nicht einmal rechtskräftig ist, werde er aus der Strategiekommission der FIFA zurücktreten, kündigte er an. Dieses Gremium beschäftigt sich laut Auskunft des Weltverbandes unter dem Vorsitz von Präsident Joseph S. Blatter "mit globalen Strategien für den Fußball und seiner politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung". Ihm gehören unter anderem UEFA-Präsident Michael Platini, adidas-Boss Herbert Hainer und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge von Bayern München an. Tabárez vertritt dort mit dem spanischen Weltmeister-Coach Vicente del Bosque die Belange der Trainer der Welt. Noch. "Es ist nicht weise, einer Organisation anzugehören, die eine solche Entscheidung trifft", sagte Tabárez über die FIFA.
Dabei hat er sich erst im Juni 2012 von Blatter höchstpersönlich den FIFA-Verdienstorden umhängen lassen. Auch die UNESCO hat seine Taten gewürdigt. Tabárez verwies auf diese Ehrungen, als er über die Strafe schimpfte. Er sei stets ein tadelloser Sportsmann gewesen, "ein eiserner Verfechter des Fair Play". Und jetzt das! "Wir hätten nie gedacht, dass es so eine schwere Strafe geben würde."
Sicher, eine Strafe sei durchaus angemessen gewesen, räumte Tabárez "nach Ansicht der Fernsehbilder" ein. Wenn, dann aber bitteschön für beide Spieler. Aber bei dieser WM werde ja "mit völlig unterschiedlichen Maßstäben gemessen".
Tabárez jammerte nicht, er sprach meist ruhig - und gab sich schließlich kämpferisch. "Luis wird da durchgehen und daran wachsen. Wir werden ihn dabei nicht alleine lassen", sagte er. Eine optimale Vorbereitung auf ein Achtelfinale, das ließ er allerdings durchblicken, sieht anders aus. "In den letzten Stunden war nichts anderes in unseren Köpfen", sagte Tabárez. Es sieht so aus, als würde das einstweilen so bleiben.

Quelle AFP

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