Seiten

Donnerstag, 30. Mai 2013

Wenn Tränen im Halse stecken bleiben


Wir waren in Montevideo für die Cedula. Der Himmel bezog sich und es regnete heftig auf dem Heimweg. Wir konnten kaum was sehen. Die Scheibenwischer liefen auf höchster Stufe. Ist es schon bei gutem Wetter schwierig alle Hindernisse zu erkennen, schluckte das diffuse Licht jeglichen Fahrradfahrer und Fußgänger. Leise Flüche auf lichtlose Zweibisvierräder oder rennende Personen in lichten Grau, die noch schnell den Bus mitbekommen wollten, machten die Anspannungen nicht besser. Genervt kamen wir in Atlántida an. Schnell rannten wir ins Haus und versuchten die Hunde zum Alleingang zu animieren. “ Geht meine Lieben, werdet selber nass.” Irgendwie mussten sie gar nicht mehr das Bein heben. Auch die Katzen saßen eng beieinander und glotzten verdrießlich aus dem Fenster. Nur Gamasche fehlte, unser Träumer. Eigentlich hasste er Wasser von Oben und somit wurde ich etwas unruhig. So lange kannten sie ihre neue Heimat noch nicht. Frustriert standen wir am Fenster und sahen zu wie sich kleine Seen bildeten. Es hörte einfach nicht auf zu regen.
Irgendwann wurde es dunkel und Gamasche war immer noch nicht da. Nun gingen wir doch raus . Die Hunde wurden zum Suchen aufgefordert und wir schrieen in die dunkle Nässe. Herr Difi hatte einen starken Scheinwerfer dabei. Wir liefen durch alle Straßen der Nachbarschaft. Nichts.
Wir merkten gar nicht mehr den Regen. Irgendwann gingen wir zurück in der Hoffnung, das Gamasche sich ins Trockene gerettet hatte. Leider nicht Zuhause.



Die Nacht war schlichtweg eine Katastrophe. Alles rannte sporadisch zum Fenster und man versuchte sich gegenseitig Mut zu machen. Mein Lieblingskater Filou rieb sein Köpfchen an mein Bein, als wollte er mich trösten. Ich sah im Geiste Gamasche wie er dem Fuchs getrotzt hatte, die Schlange immer wieder anschleppend, egal wohin wir sie entsorgten. Allerdings kam das Reptil immer wieder in gekürzter Fassung in unser Haus zurück. Er war nicht der Hellste, aber ein guter Jäger. Vielleicht saß er vor einem Mäuseloch und hatte die Zeit vergessen.
Auch am nächsten Morgen war Gamasche nicht da. Wir mobilisierten alle Nachbarn und fragten nach. Wieder gingen wir auf Suche und riefen den Namen. Wir fuhren mit dem Auto alle Seitenstraßen ab. Jeder Hügel am Straßenrand wurde ängstlich begutachtet. Die Phantasie überschlug sich. Das Nichtwissen war der Feind.
Nach 11 Tagen kam unsere Nachbarin Blanca zu uns und sagte das beim Nachbarn eine Katze gefunden wurde. Wir gingen mit einem Katzenkorb und voller Hoffnung dahin. Beim Aufschließen der Kammer kam uns Kot und Uringeruch entgegen. Für einen Moment rechnete ich mit Allem. Wir mussten uns an das Licht gewöhnen. Übelkeit stieg hoch. Zwei runde grüne Augen starten uns an und ein graues Filzknäul schoss an uns vorbei. Gamasche war schwarz/weiß.
Es war eine tiefe Enttäuschung. Zum ersten Mal liefen mir die Tränen. Ich war so mit meinem Kummer beschäftigt, dass ich nicht mitbekam, das noch jemand fehlte. FILOU.
Irgendwann bemerkte ich, dass Filou beim Abendfresschen nicht da war. Er war in Spanien öfter für längere Zeit auf Trebe. Das Wetter war schön, ein intelligenter Kater; also schoben wir die trüben Gedanken beiseite. Ich möchte nicht beschreiben wie wir ihn in den nächsten Tagen gesucht haben. Ich wartete noch nach Monaten auf ihn. Man kann es nicht abschließen, wie bei einer endgültigen Trennung. Ich habe es nicht zum ersten Mal erlebt, aber die quälenden Gedanken wurden intensiver, wie der Schmerz.

Wochenlang ignorierte ich die Tatsache, dass ich mich damit abfinden musste. Lehnte einfach die Tatsache ab und wartete.
Herr Difi bekam Sorgenfalten. Er hat auch mal einen Lieblingskater verloren. Er wusste wie schlecht es mir ging.

Auf dem Sonntagsmarkt in Pinarmar wurden 2 Siamkätzinnen angeboten. Gerade 6 Wochen alt. Die Katzenmutter war auch dabei. Ein wunderschönes Tier mit strahlend blauen Augen. Eher eine Thaikatze. Rundliche Gesichtsform.
Ich schmolz dahin und Herr Difi nickte nur. In unserem Garten wurde dann gemeinsam der Namen gesucht. Wir einigten uns auf Kira, Prinzessin von Preußen. Der Tannat besiegelte die Taufe und ich war ganz verliebt in das kuschelige weiße Knäuel.

Der Schmerz des Verlustes wurde milder aber er ist noch heute da. Gerade jetzt wo ich das hier schreibe, kommen mir die Tränen, die immer noch im Halse stecken bleiben.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen